Deutschkurse. An der Ruhr-Uni sind nur wenige Sprachprüfungen für den Hochschulzugang möglich. Viele ausländische Studieninteressierte müssen daher quer durchs Land oder sogar Europa reisen. Denn irgendwann meldet sich die Ausländerbehörde. Im schlimmsten Fall droht dann die Abschiebung.
Viel Geld, lange Wartezeit
Zuletzt hat das geklappt: „Durch ein Nachrückverfahren haben glücklicherweise alle von uns einen Platz bekommen, aber es ist kein Dauerzustand“, sagt Uwe Jakomeit. Der 59-Jährige leitet seit 25 Jahren die AStA-Deutschkurse und weiß, welche Probleme das lange Warten für seine SchülerInnen bedeutet. Da sei zum einen die Ungewissheit: Wann kann ich die Prüfung machen? Bekomme ich überhaupt einen Platz? „Je mehr es auf die Prüfung zugeht, umso nervöser werden sie“, erzählt Jakomeit. Normalerweise sei das positiv zu nutzen, weiß der Sprachlehrer. Doch: „Wenn das dann jedoch ins Nichts läuft, ist das für sie sehr schade.“
Einer seiner Schüler ist Heshan Abedalaziz. Auch er meint: „Wir machen in einem Jahr C1 und dann müssen wir erst mal lange warten. Aber in dieser Zeit vergisst man doch oft wieder die Grammatik-
regeln und so.“ Der 20-Jährige zählt die Hürden dieser Bürokratie an der Hand auf: Erstens, der Stress. Zweitens, die Zeit und dritten, das Geld. Denn bereits die AStA-Kurse, die auf die DSH-Prüfung vorbereiten, kosten 290 Euro. Ein Grund dafür: „Die Uni beginnt jetzt, Kosten für die Raumnutzung zu erheben“, erklärt
Jakomeit. Auf seine SchülerInnen kommen danach weitere Ausgaben hinzu: So werden für die TestDaF-Vorbereitungskurse 500 Euro verlangt, hinzukommen 200 Euro für das einmonatige Prüfungstraining. Bei der DSH liegen die Gebühren zwischen 40 und 170 Euro. Oft entstehen zudem Reise- und Übernachtungskosten. Viele wissen nicht, wie sie das finanzieren sollen. Auch Heshan Abedalaziz sagt: „Wir können nicht auf einmal 600 Euro bezahlen!“
Prüfung oder Abschiebung
Zeit zu warten hat jedoch keiner. Denn wenn die DSH-Prüfung nicht abgelegt wird, macht die Ausländerbehörde Druck. Uwe Jakomeit hat schon einige seiner SchülerInnen begleitet: „Ich gehe dann meist mit zur Ausländerbehörde und erkläre denen das.“ Heshan Abedalaziz weiß, was das letztendlich bedeuten kann und spricht Klartext: „Man hat keine Möglichkeit zu warten, sonst wird man abgeschoben.“
Oleg Viathin hat das schon erlebt. Einer seiner Kollegen wurde in die Türkei abgeschoben. Er selbst hatte damals Glück, als sich die Ausländerbehörde bei ihm meldete: „Sie haben gefragt: Warum machst du deine Prüfung nicht?“ Doch der heutige Student der Angewandten Informatik erhielt in Deutschland einfach keinen Prüfungsplatz. Dann hat er mit einer Freundin gesprochen, die dafür nach Italien gefahren ist. So entschied sich auch Oleg, in die Ukraine, sein Herkunftsland zurückzureisen. An der Uni in Kiew gab es noch circa 40 freie Plätze.
Demnächst die DSH an der RUB?
Doch das sei nicht für jeden eine Option: „Es gibt aber auch Länder, in denen das gar nicht geht“, weiß der 20-Jährige. „Ich hatte einfach Glück, dass ich das in der Ukraine machen konnte.“ Doch auch aktuell reisen viele C1-AbsolventInnen quer durch Europa oder Deutschland. Etwa nach Marburg oder Freiburg. „Die müssen dann zur Anmeldung, zur Prüfung und dann noch mal zur mündlichen dort hin“, erklärt Uwe Jakomeit.
Nachvollziehbar sei das nicht, wie auch Heshan Abedalaziz meint: „Warum gibt es hier in Bochum nicht mehr Plätze, obwohl es auch so viele Flüchtlinge hier gibt?“ Regine Buchheim sieht das ähnlich: „Unserer Meinung nach ist die DSH im Moment die einzige Prüfungsform, die flexibel genug ist, auf den starken Andrang von Studierwilligen zu reagieren.“
Andere Universitäten bieten das durchaus an, so gibt es in Münster den TestDaF und die DSH. Ob das demnächst auch an der RUB möglich ist? Uwe Jakomeit versichert: „Wir sind gerne bereit, die Uni dabei zu unterstützen.“ Doch wie es auf Anfrage der :bsz heißt, arbeite man im Bereich „Deutsch als Fremdsprache“ zwar mit Hochdruck daran, die TestDaf-Prüfungsplätze von 40 auf 80 zu verdoppeln. Eine Wiedereinführung der DSH werde es an der RUB jedoch nicht geben.
So werden wohl auch in Zukunft etliche SprachkursabsolventInnen Strapazen auf sich nehmen müssen: Koffer packen, die Ausländerbehörde beschwichtigen oder früh genug bei der Online-Anmeldung sein. Amir Assaf möchte am liebsten Humanmedizin studieren. Irgendwann. Denn aktuell dreht sich bei ihm alles um die Sprachprüfung. Der 22-Jährige schnauft tief durch: „Man fühlt sich da schon ziemlich alleine gelassen.“
:Benjamin Trilling &
:Sarah Tsah
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