„Gendern? Das ist doch der Blödsinn, bei dem man an alles ein ‚Innen‘ dranhängt, um Frauen nicht zu benachteiligen, oder?“ Das hast auch Du schon mal gehört oder sogar selbst gedacht. Hier an der Uni wirst Du bemerken, dass viel Wert auf geschlechtergerechte Sprache gelegt wird. Besonders schriftlich wird es Dir häufig begegnen, womöglich aber auch im gesprochenen Wort.
Wer bei „Geschlecht“ nur an Mann und Frau denkt, denkt womöglich etwas kurz, denn neben dem biologischen Geschlecht (engl. sex) gibt es auch ein soziales (engl. gender). Und um diesem auch gerecht zu werden, gendern an der Uni viele studentische Organe ihre Flyer oder Webseiten. Doch damit ist es nicht getan. Denn so einig man sich ist, dass Gleichstellung wichtig ist, so uneinig ist man sich darüber, wie sie am besten umgesetzt wird.
„Der Stern strahlt in alle Richtungen“
Es gibt viele Möglichkeiten, sich so auszudrücken, dass niemand benachteiligt wird. Vom Binnen-I (wie die :bsz oder die FachschaftsvertreterInnenkonferenz es nutzen) über Sonderzeichen als Platzhalter – wie der Gender_Gap, oder das Sternchen (letzteres nutzen AStA und Studierendenparlament) – bis hin zu Schrägstrich-, Klammer- oder x-Varianten (Profess-x) sind die Alternativen weitreichend.
„Der Stern strahlt in alle Richtungen und ist ein Sonderzeichen, das im Schriftbild bekannt ist“, erklärt das Referat für Service- und Öffentlichkeitsarbeit des AStA die Wahl. „Binnen-I und Schrägstrich könnten als Phallussymbole verstanden werden und der Gap wirkt schon vom Namen her wie etwas Trennendes.“
Das Autonome Frauen*LesbenReferat (AF*LR) der RUB, das den Genderstern sogar in ihren Namen aufgenommen hat, gründet seine Wahl auf eine „poststrukturalistische (queer-)feministische Theorie“ nach der „Differenzierungen innerhalb der unterschiedlichsten Geschlechtsidentitäten mittels einer formalen Schreibweise“ markiert werden. So stehen Sternchen oder Gender_Gap für all das, dem „innerhalb einer gewaltvollen Einrichtung heterosexueller Normierungen kein Platz zugestanden wird“. Der Stern diene somit als Platzhalter für alles „Nichtausgesprochene, Nichtrepräsentierbare, Verstoßene und Vergessene“ und vertrete und repräsentiere „die Sache, für die es steht, solange diese abwesend“ sei.
Ein weiter Weg
„Wie an vielen Universitäten ist auch an der Ruhr-Universität die vollständige Gleichstellung der Geschlechter noch nicht erreicht“, sagt Dr. Beate von Miquel, Gleichstellungsbeauftragte der RUB. Das Gendern von Flyern und Webseiten bewertet sie positiv. Dadurch würde die Vielfältigkeit der Hochschule ausgedrückt und signalisiert, dass sich die Uni ihrer Heterogenität bewusst sei.
Auf das häufig angeführte Gegenargument, dass schriftliches Gendern den Lesefluß störe, entgegnet das AF*LR, dass es „ja gerade der ‚Sinn‘ solch einer Schreibweise ist, den Lesefluss und überhaupt alles Vertraute und Bequeme zu stören“. Für Kinder, die heute aufwüchsen und von klein auf diese Sprech- und Schreibweise lernen, würde sich die Frage nach dem Lesefluss gar nicht stellen.
Dass nicht jedeR aufs Gendern steht, seht Ihr in diesem Kommentar.
:Kendra Smielowski
0 comments