„Es ist nicht nur eine Mode, sondern tatsächlich eine reale Veränderung“, sagte Andrea Nahles (SPD) bei ihrem Gespräch im Dortmunder U. Eine reale Veränderung, die nicht nur die Zukunft der Arbeit, sondern auch und insbesondere die der Bildung betrifft. Doch die Universitäten halten immer noch an Vorlesungen fest, einer Lehrform aus dem Mittelalter, als Bücher kostbar und selten waren. Dabei boomen hochwertige Kurse im Netz, die sogenannten MOOCs (Massive Open Online Courses).
„Die Hochschulen kommen mit dieser rasanten Entwicklung nicht mit. Veraltete Strukturen sowie fehlende finanzielle und personelle Mittel können hierfür als Gründe angeführt werden. Vielleicht wurde auch die Bedeutung der Digitalisierung für Hochschulen schlichtweg verkannt. Nur schleppend fügen sich die Unis dem digitalen Trend“, stellte die pharetis GmbH, die auf digitale Dienstleistungen für Studierende (und Firmen, deren Zielgruppe Studierende sind) spezialisiert ist, schon im Februar fest. Mit uniturm.de betreibt die Firma eine eigene, kommerzielle hochschulübergreifende Lern- und Austauschplattform.
Studis im Netz – und die Hochschulen?
Die meisten deutschen Hochschulen haben die Digitalisierung einfach „verschlafen“, so die pharetis GmbH. Sie stellt fest, dass zwar 42 Prozent aller Online-Nutzer ab 14 Jahre Facebook nutzen (ARD/ZDF-Onlinestudie 2015), aber nur 15 Prozent der Hochschulen in sozialen Netzwerken aktiv seien.
Die RUB postet fast täglich auf Facebook Neuigkeiten aus der Forschung, Studienorganisation und sogar Tipps zur Campus-Kultur.
Bundesweiter Thinktank mit Unis und Bertelsmann
Nun ist Imagearbeit und Service auf Facebook ja nicht der Digitalisierung der Lehre letzter Schluss. „Es ist so eine komische Sache mit der Digitalisierung der Hochschullehre in Deutschland“, schreibt Philipp Höllermann, E-Learning-Experte von der Internationalen Hochschule Bad Honnef-Bonn (IUBH), in einem Artikel für das Hochschulforum Digitalisierung. Es werde viel geredet, es gebe viele Pilotprojekte und Initiativen, diese zu finanzieren. Allerdings bewegten sich diese Projekte auf individueller Ebene und seien selten in größere (digitale) Rahmen eingebunden. „Außerdem verschwinden viele Initiativen, sobald die Förderung eingestellt wird oder die Initiatoren die Einrichtung verlassen“, sagt Höllermann.
Das Hochschulforum Digitalisierung versteht sich als bundesweiter „Thinktank“, der das Thema voranzubringen versucht, erklärt Sebastian Horndasch vom Forum. Gefördert wird der Arbeitskreis vom Bundesforschungsministerium. KooperationspartnerInnen sind der Stifterverband, das der Bertelsmann-Stiftung nahestehende Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) und der Hochschulrektorenkonferenz.
RUB zwischen digitalem Handapparat und weltweitem Kurs für alle
An der Ruhr-Universität kennen wohl die meisten Studierenden die E-Learning-Plattformen Moodle und Blackboard. Obwohl beide Plattformen über zahlreiche Funktionen wie Foren oder Online-Tests verfügen, nutzen die meisten DozentInnen sie bloß, um Texte hochzuladen.
Oft mangelt es an Zeit und Geld, einen Kurs zeitgemäß und interaktiv aufzubauen, manchmal am Willen. Statt sich über neue didaktische Konzepte Gedanken zu machen, halten viele DozentInnen, etwa in der Geschichtswissenschaft, (teils rechtswidrig) an der Anwesenheitspflicht fest.
Dabei unternimmt die RUB mit einer Stabsstelle unter dem Label „RUBeL“ vielfältige Anstrengungen, das E-Learning an der Uni voranzubringen. Die Stabsstelle organisiert etwa den „5×5000“-Wettbewerb, der in jedem Semester fünf Projekte mit jeweils 5.000 Euro fördert.
Kürzlich ist das MOOC-Projekt gestartet. MOOC steht für „Massive Open Online Course“ – Online-Kurse, die von allen Interessierten weltweit belegt werden können. Elite-Universitäten wie das MIT oder Harvard bieten auf der Plattform edX schon länger kostenlose Kurse an. 2013 sagte Anant Agarwal, edX-CEO und Ex-MIT-Informatik-Professor, zu „Zeit Online“: „Jahrhundertelang hat sich die höhere Bildung nicht verändert, jetzt kommt der Wandel.
:Marek Firlej
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