Bild: „Je stärker das Bier, umso größer die Flasche“: Max Zellmer, Inhaber des Brauspezialitätengeschäfts Biermuda, erklärt das Paradoxon amerikanischer Craft-Biere. , Flüssig Brot: Biermuda bringt Biervielfalt nach Bochum Foto: mar

So ein Laden war schon längst überfällig: Obwohl die Deutschen nach den TschechInnen die zweitgrößten BiervertilgerInnen sind, geben sie sich entweder kommerziell-beliebig oder regional stur. Dass es in Deutschland und der Welt aber eine mannigfaltige Malz-und-Hopfen-Welt weit jenseits von Pils und Weizen gibt, präsentiert seit vergangener Woche das Biermuda in der Rechener Straße zwischen Hauptbahnhof und Bermuda3eck.

„Ich will dem geneigten Biertrinker zeigen, dass es mehr gibt als den Kasten vorm Fernseher“, sagt Max Zellmer, Inhaber des Biermuda. Mit rund 250 Sorten auf knapp 100 Quadratmetern hat er gute Chancen.

Im Sortiment finden sich größtenteils Biere aus belgischen Brauereien, denn trotz seiner geringen Größe hat das Land eine breit gefächerte Biertradition. Belgisches Bräu ist oft stark; bisweilen ist für bestimmte Sorten ein ganz spezielles Glas zum Trinken vorgesehen.

Natürlich gibt es auch Fiege zu kaufen. Zellmer dazu: „Wir haben in Bochum das Glück, Fiege als gute Brauerei vor Ort zu haben.“ Musste er das jetzt sagen, weil die Privatbrauerei dem Laden einen Kühlschrank zur Verfügung stellt? Oder weil man in Bochum nichts anderes sagen darf? Vielleicht meint er es auch ernst, denn er fährt fort: „Ich fand es wichtig, den Fiege Pilsbock zu holen“, eine Art starkes Pils mit 7,8 Prozent, „weil es meiner Definition von Craft-Bier entspricht.“

Daneben führt Zellmer auch „deutsche Brauereien“, die mit ihrem Vertrieb „noch nicht bis hierher gekommen sind“, sagt der 32-jährige ehemalige RUB-Student, „und amerikanische Craft-Biere, die du hierzulande sonst nicht bekommst.“

Craft-Bier? World of Warcraft oder was?

Stichwort Craft-Bier: Was ist das überhaupt? In der Regel verstehe man darunter kleine Brauereien, die erst in den letzten Jahren entstanden sind und die innovative Sorten brauen, erklärt der Experte in gambrinischen Fragen. Persönlich findet er aber, dass man auch traditionsreiche fränkische Kleinbrauereien dazu zählen könnte. Oder eben das Fiege Pilsweizen.

Insgesamt geht es also um das Handwerkliche, das Ehrliche beim Brauen. Daher sieht man vielen Etiketten im Laden auch eine gewisse HipsterIn-Attitüde an: handgemacht, in kleinen Mengen produziert, „frecher“ Slogan, ein wenig elitäres Getue.

Drei Zutaten für ein Halleluja

Ist das Reinheitsgebot denn noch zeitgemäß oder hemmt es die Innovation? Manche Brauereien betrachten es als Qualitätsmerkmal, andere sähen sich eingeschränkt, heißt es.

„Es gibt Biere, die nach Schokolade schmecken und die das Reinheitsgebot erfüllen“, klärt Zellmer auf.

Andererseits muss man auch kein Hipster sein, um Hopfen, Malz und Wasser noch mehr beizugeben: Das Westfälische Grut aus dem Back- und Brauhaus Brinker aus Georgsmarienhütte wirkt und schmeckt so wie es heißt: Bodenständig westfälisch bis zum Gehtnichtmehr. Und trotzdem besteht es unter anderem aus Schafgarbe, Birke, Wacholderbeere und Esche. Gambrinus, der Gott der Braukunst, drückt da sicher ein Auge zu.

Über Bier lässt sich viel philosophieren. Daher bietet das Biermuda demnächst auch Verköstigungen an, in denen der Chef persönlich – und in Zukunft auch BraumeisterInnen und Biersommeliers – ihr ExpertInnenwissen weitergeben.

:Marek Firlej

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