Die sogenannten Shitstorms #ThisIsACoup und #BoycottGermany auf Twitter schädigen das Ansehen Deutschlands in der Welt. Die Ursache? Wolfgang Schäuble und die Forderungen der EU an Griechenland. Intellektuelle melden sich zu Wort und der Bundesfinanzminister verteidigt den sogenannten Grexit auf Zeit.
Mit dem Hashtag #BoycottGermany ruft die Twitterwelt zum Boykott deutscher Produkte auf. Damit baut sie auf #ThisIsACoup („Dies ist ein Staatsstreich“) auf. Auslöser ist die Haltung Deutschlands bei den EU-Verhandlungen mit Griechenland. Die Online-KritikerInnen verstehen die Forderungsliste an das griechische Parlament und den Vorschlag von Finanzminister Schäuble, einen temporären „Grexit“ (Kunstwort aus greek + exit) durchzuführen, als Staatsstreich von außen. Diesem sogenannten Shitstorm schließen sich allerdings nicht nur Laien an, sondern beispielsweise auch der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugmann. Dieser bewertet in seiner Kolumne für die New York Times den Hashtag der TwitterInnen als „genau richtig“ und verdammt die Forderungsliste der EU: „Diese Liste von Forderungen der Eurogruppe ist Wahnsinn.“
„Jegliches politsches Kapital verspielt“
Neben ausländischen Fachleuten sehen auch Intellektuelle die Lage Griechenlands als überaus kritisch. Jürgen Habermas, bedeutender deutscher Philosoph, äußerte im englischen The Guardian, dass Deutschland „sich schamlos als Europas oberster Zuchtmeister gezeigt hat und erstmals offen einen Anspruch auf die deutsche Hegemonie in Europa angemeldet hat“. Des Weiteren sagte er: „ Die griechische Regierung dazu zu zwingen, einer ökonomisch fragwürdigen, hauptsächlich symbolisch privatisiertem Fond zuzustimmen kann als nichts anderes verstanden werden als ein Akt der Bestrafung gegenüber einer linken Regierung.“ Unterdessen fürchtet Habermas, dass die deutsche Regierung innerhalb einer Nacht jegliches politisches Kapital verspielt hätte, dass ein „besseres Deutschland“ im vergangenen Jahrhundert angesammelt habe.
Grexit auf Zeit
Das Ja des griechischen Parlaments wertete Schäuble nach dessen Abstimmung als „wichtigen Schritt“, doch brachte er erneut den Grexit ins Spiel. Nach Meinung vieler Ökonomen sei die Lage Griechenlands ohne einen „wirklichen Schuldenschnitt“ schwer lösbar, doch ein eben solcher sei nicht mit der Mitgliedschaft in der Währungsunion vereinbar. Ein freiwilliger Rückzug aus dem Euro würde inzwischen von den Griechen selbst zunehmend positiv gesehen. Zudem ginge es gar nicht darum, Griechenland etwas aufzuerlegen, sondern Hilfe zu leisten, so dass die Wettbewerbsfähigkeit hergestellt wird.
:Alexander Schneider
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