In Deutschland werden leerstehende Häuser meist aus einer politischen Szene heraus besetzt. „Anders als in Italien oder Spanien, wo es eher um existentielle Fragen geht“, berichtet Peter P., der die „Squatting Days“ in Hamburg mitorganisiert hat. Im Zentrum dieses Treffens der europäsischen Besetzungsszene, das vom 27. bis 31. August in der Hansestadt stattfand, stand bei allen Unterschieden der TeilnehmerInnen aus verschiedenen Ländern die Frage nach bezahlbarem Wohnraum und dem Umgang mit Leerständen.
„Wir haben uns getroffen, um eine europäische Vernetzung in der Besetzerszene herzustellen, uns auszutauschen, voneinander zu lernen“, sagt Peter. Dabei sollte das weitläufige Thema Besetzungen auch in einen politischen Kontext gestellt werden, wie etwa bei der Occupy-Bewegung oder den Protesten auf dem Istanbuler Taksim-Platz. Zwischen 300 und 500 Leute waren auf dem Festival, darunter Gäste aus zahlreichen deutschen Städten, aber auch aus Tschechien, Russland, den Niederlanden, Großbritannien, sowie Italien und Spanien. Sie berichteten in zahlreichen Workshops über die Situation und die Probleme vor Ort. So würden gerade in Südeuropa auch Familien aus finanzieller Not leerstehende Gebäude besetzen, weil sie sich Wohnraum nicht mehr leisten könnten; besonders seien auch MigrantInnen davon betroffen. Doch auch in deutschen Städten, wie eben am Veranstaltungsort Hamburg, ist bezahlbarer Wohnraum knapp, auch aufgrund verfehlter Politik, die mehr die Interessen von InvestorInnen als BewohnerInnen im Blick habe.
Systematischer Verfall
„Gerade in Hamburg gibt es eine Unmenge an Büroflächen und Wohnraum, die leerstehen. Sie werden als Spekulationsobjekt genutzt und systematisch verfallen gelassen“, erzählt Peter P., der einen starken Widerspruch sieht zwischen Leerständen und Menschen, die auf der Straße wohnen wie beispielsweise Flüchtlinge.
„Es ist legitim, Häuser zu besetzen und einem Nutzen zuzuführen“, sagte er, auch wenn man damit eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch riskiere. „Wenn Häuser leerstehen, ist kein Friede da, der herrscht erst wieder, wenn dort Leute drin wohnen.“
Deswegen richteten sich die „Squatting Days“ auch gegen die Kriminalisierung von Besetzungen. Es sei wichtig, politische Wege zu finden, mit Besetzungen umzugehen. Schon bei der Realisierung des Festivals zeigte sich der Hamburger Bezirk Altona nach Schilderungen von Peter wenig kooperativ, bis letztlich auf Vermittlung der dortigen Linksfraktion sehr kurzfristig ein Sondernutzungsvertrag geschlossen wurde. Die Gebühr von 2.000 Euro und dazugehörige Kaution von 2.500 Euro, um im Park Altona-Altstadt das Festival-Camp einzurichten, kam durch Soliveranstaltungen und Spenden zusammen. Doch es hat sich gelohnt, findet Peter: „Für uns ist es ein politischer Teilgewinn, da in der Vergangenheit verschiedene Veranstaltugnen immer an Stadtrand gedrängt und quasi unsichtbar gemacht wurden. Dieses Mal war es zentral, sichtbar und präsent.“
Die OrganisatorInnen gingen auf die AnwohnerInnen zu, informierten sie über das Festival, und viele hätten sich vor Ort selbst ein Bild gemacht. „Wir hatten ein durchgehend positives Feedback.“ Aufgrund der großen Arbseitsaufwands werden dieselben Leute die „Squatting Days“ in absehbarer Zeit nicht in Hamburg wiederholen, sie freuen sich aber, so Peter, wenn andere das aufgreifen und die Erfahrungen weitertragen.
:Johannes Opfermann
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