Seit fast anderthalb Jahrzehnten prägt Gerhard Möller als Kanzler der Ruhr-Universität sowie als einziges konstantes Mitglied des fünfköpfigen Rektorats, das zudem aus dem jeweiligen Rektor und drei ebenfalls wechselnden ProrektorInnen besteht, das Geschehen auf dem Campus maßgeblich mit. Neben seiner Aufgabe als Beauftragter für den Haushalt leitet er die Verwaltung der RUB sowie ihrer medizinischen Einrichtungen. Am 31. Mai 2014 wird Gerhard Möller, der im Februar 65 wurde, in den Ruhestand gehen. Im :bsz-Gespräch begeben wir uns auf die Suche nach den Spuren einer 15-jährigen Kanzlerschaft an der RUB.
:bsz Herr Möller, bevor Sie 1992 an die Ruhr-Uni Bochum wechselten, waren Sie zuvor über zehn Jahre als Personaldezernent an der Uni Dortmund tätig gewesen. Das Ruhrgebiet hat also mehr als drei Jahrzehnte lang Ihr (Berufs-)Leben geprägt. War der Ruhrpott für einen Nordhessen anfangs ein Kulturschock?
Gerhard Möller: In das Ruhrgebiet kam ich nicht erst mit dem Berufseinstieg, sondern schon zur Ausbildung als Rechtsreferendar in Dortmund – also völlig freiwillig. Mich hat die vielfältige Großstadtkultur des Ruhrgebiets gereizt.
Als Sie 1999 Kanzler der RUB wurden, sollten mit dem ‚Qualitätspakt‘ der rot-grünen Landesregierung allein in Bochum mindestens 200 akademische Stellen – rund zehn Prozent – eingespart werden und ganze Studienfächer wurden abgewickelt. Wie haben Sie den Paradigmenwechsel des Abschieds vom Konzept der ‚Volluniversität‘ empfunden, die ursprünglich eine größtmögliche Bandbreite an Fächern vorhalten sollte?
Diese Frage ist vielschichtig. Vorab: der Qualitätspakt war nicht unintelligent. Es wurden zwar 200 Stellen der RUB (2000 landesweit) abgesetzt, aber nur zur Hälfte eingespart; die andere Hälfte wurde einem Innovationsfonds zugeführt (der allerdings seit Jahren zur Hälfte das Programm der Hochschulgebäudesanierung mitfinanziert). Ein Abschied von der Volluniversität war damit aber jedenfalls für die RUB nicht verbunden! Sogenannte ‚kleine Fächer‘ sind in Bochum unter allen Rektoraten nur in wenigen Fällen und vor allem nur dann geschlossen worden, wenn sie nur mit einer Professur ausgestattet waren und darüber hinaus mit anderen, benachbarten Fächern unzureichend kooperierten (zum Beispiel Indologie, Musikwissenschaft). Das ist eine Frage der Qualitätssicherung.
Bei den Bildungsprotesten gegen ‚Studienkonten‘ im Sommersemester 2002 sowie gegen ‚Allgemeine Studiengebühren‘ von April 2006 bis Januar 2007 kam es auch auf dem RUB-Campus zu zahlreichen Protestaktionen. Wie hat sich Ihr Verhältnis zur studentischen Protestkultur auf dem Campus entwickelt, als vom 22. Mai 2006 bis 31. Januar 2007 das damals leerstehende Querforum West von Studierenden sowie Ende 2009 mehrfach das Audimax besetzt und als Veranstaltungs- beziehungsweise Protestzentrum genutzt wurde?
Mein Verhältnis zur studentischen Protestkultur geht auf das Jahr 1968, in dem ich zu studieren begann, zurück und ich war Teil der damaligen Protestkultur. Die Protestkultur auf dem Campus der RUB, soweit ich sie miterlebt habe, hat mir nie große Sorgen gemacht, soweit sie die Studierendenschaft der RUB – AStA, Fachschaften und hochschulpolitische Gruppen – betrifft. Bei der Besetzung von Audimax und Q-West im Zuge der Studiengebührendebatte hatten wir aber die Situation, dass dem AStA die Führungsrolle entglitten war (oder er sie von Anfang an nicht hatte) und wir daher keine Ansprechpartner hatten.
Was halten Sie von den wiederholten Anstrengungen, die Ruhr-Uni Bochum im Rahmen der bundesweiten Exzellenzinitiative fit zu machen für den ‚exzellenten Ritterschlag‘? Wissen Sie, wie hoch die Kosten etwa waren, um die RUB auf Exzellenz zu trimmen und haben sich diese Investitionen Ihres Erachtens gelohnt?
Aber natürlich hat sich die Bewerbung der RUB in der Exzellenzinitiative gelohnt! Wir haben die Research-School und das Resolv-Cluster eingeworben. Die Kosten liegen zu mindestens 90 Prozent in WissenschaftlerInnenarbeitszeit.
In diesen Kontext fügen sich auch die kostspieligen Pläne zur weiteren Campus-Erneuerung ein. Sollten die weiteren Planungen zur Umgestaltung der Ruhr-Uni Wirklichkeit werden, würden wir sie kaum wiedererkennen: HZO, FNO, das Studierendenhaus (SH) und selbst die Uni-Verwaltung (UV) sowie das Musische Zentrum (MZ) sollen nach den Plänen des Kölner Architektenbüros Molestina abgerissen werden. Sind diese Planungen noch aktuell und wie positionieren Sie sich hierzu? Gibt es hierunter nicht das eine oder andere – auch aus denkmalschützerischer Perspektive – potentiell erhaltenswerte Objekt (etwa das MZ)?
Bei der Campuserneuerung wollen wir erstmal in die nächste Phase (2016–?) kommen, damit die absolut notwendige Sanierung der Gebäude der Fakultäten fort- und zuendegeführt wird. Erst danach, und das ist sicher nach 2020, kommt die Zentralachse dran. Was Sie als Planung bezeichnen, ist keine Planung, sondern das Ergebnis eines „Städtebaulichen Ideenwettbewerbs“. Die Vorgabe an Molestina war, Mensa, Audimax, UB zu erhalten und das Nordforum (UV, SH, MZ) zu überplanen. Der Hauptgrund ist, dass diese Gebäude eine vernünftige verkehrliche Anbindung und Eingangssituation der RUB behindern. Die Belange des Denkmalschutzes werden dabei einbezogen.
Herr Möller, abschließend gefragt: Was werden Sie höchstwahrscheinlich vermissen, wenn Sie in den nächsten Wochen in den Ruhestand gehen?
Den lebendigen Campus und meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!
Herzlichen Dank für das Interview!
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