Spenden für den guten Zweck gehört zur Weihnachtszeit dazu wie der Tannenbaum, von der Kollekte beim Gottesdienst bis zu den Sammlungen in Fußgängerzonen. Menschen in Haft eine kleine Freude zu machen – ausgerechnet, mögen einige denken – kommt da nicht sofort in den Sinn. Doch ein Zeitungsabo, ein Buch, ein Päckchen zu schenken ist nicht nur praktizierte christliche Nächstenliebe, sondern wertvolle Integrationsarbeit. Die Vermittlung läuft über den Verein „Freiabonnements für Gefangene“, der die Resozialisierung Inhaftierter durch die Versorgung mit Informations- und Bildungsmaterialien unterstützt.
„Gefangene sollen während der Haft nicht ‚abschalten‘, sondern sich mit der Welt auseinandersetzen, sich vorbereiten auf die Zeit nach der Entlassung“, sagt Sybill Knobloch, Geschäftsführerin des 2008 mit dem Ehrenpreis „pro reo“ ausgezeichneten Vereins, der seit fast 30 Jahren von Berlin aus aktiv ist. „Viele Gefangene entdecken das Lesen in Haft, das möchten wir unterstützen.“
Aus über 40 Titeln können sich die Gefangenen Abonnements wünschen, die auf der Webseite für potentielle PatInnen angezeigt werden. Diese können dann selbst entscheiden, welche Publikation sie über einen bestimmten Zeitraum sponsern wollen. 2012 wurden so durchschnittlich 2.900 Abos monatlich vermittelt, sowohl individuell als auch an Haftbüchereien; selbst an deutsche Inhaftierte im Ausland gehen Abos. Im Gefängnis werden die Ausgaben unter den Inhaftierten fünf- bis zehnmal weitergegeben, schätzt der Verein. Allein dies ist ein Indiz dafür, wie wichtig dieses Informationsangebot für die Inhaftierten ist, und spiegelt sich auch in deren Dankesbriefen wider.
„Das Gefängnis ist eine (fast) geschlossene Institution, die Welt draußen dreht sich weiter“, erklärt Knobloch. „Langzeitinhaftierte haben Probleme, sich in dieser veränderten Welt zurecht zu finden (Handy, Internet, Computer). Auch Kurzzeitinhaftierte verlieren leicht den Anschluss.“
Einsame Festtage
Hinzu kommt gerade zu Weihnachten die Einsamkeit. In dieser Zeit allein zu sein, ohne Familie und Bekannte, ist für kaum jemanden eine angenehme Erfahrung, ganz zu schweigen von der Vorstellung, die Feiertage auch noch hinter Gittern verbringen zu müssen; in Deutschland sind insgesamt etwa 66.000 Menschen in Haft. Abgesehen von den wenigen Strafgefangenen, die in dieser Zeit nach Hause dürfen, ist für die Mehrheit gerade die Weihnachtszeit sehr bedrückend. Zwar können Häftlinge beispielsweise von Verwandten Weihnachtspakete erhalten – wenn auch nur in der Hälfte aller Bundesländer –, aber viele gehen auch leer aus, etwa weil sie keine Angehörigen mehr haben. Für sie fällt der Jahreswechsel noch betrüblicher aus als ohnehin schon.
Karger Anblick, gerade im Winter: Der Observationsoktaeder der JVA Bochum. Foto: joop
Die Möglichkeiten, über „Freiabonnements für Gefangene“ zu helfen, sind vielfältig. Haftbüchereien freuen sich ebenso über Spenden neuen Lesestoffs wie die einzelnen Gefangenen, denen individuelle Buchwünsche erfüllt werden können. Über hundert Bücher sind auf diese Weise allein in diesem Jahr schon vermittelt worden. Briefkontakte helfen den Gefangenen ebenfalls, mit der Gesellschaft außerhalb des Gefängnisses in Berührung zu bleiben; in den letzten beiden Jahren wurden fast 600 Briefkontakte hergestellt.
Päckchen für die JVA
Die Besonderheit zu Weihnachten ist die Paketaktion, mit der Nahrungs- und Genussmittel wie Tabak, Kaffee und Süßigkeiten an Gefangene verschickt werden können. Ob man diese individuell packt oder gegen eine Geldspende vom Verein zusammenstellen lässt, auch ob man dabei als SpenderIn anonym bleiben möchte, ist jedem/jeder selbst überlassen. Der Erhalt von Weihnachtspaketen ist für viele Gefangene zwar eingeschränkt – und wird nach Aussagen von „Freiabonnements für Gefangene“ immer mehr eingeschränkt –, die Betroffenen können allerdings sogenannte Paketersatzspenden erhalten, Geld, mit dem sie selbst Nahrungsmittel kaufen können. Zusammengenommen wurden in der Weihnachtssaison 2013 etwa 200 Gefangene mit Paketen und Paketersatzspenden bedacht, über 100 Wünsche sind aber noch offen. Die genauen Bestimmungen für Weihnachtspakete variieren je nach Haftanstalt, werden aber SpenderInnen im konkreten Fall mitgeteilt. In der JVA Bochum beispielsweise dürfen Gefangene über das Jahr verteilt zwei Pakete zu je drei Kilo beziehungsweise zu Weihnachten oder einem anderen religiösen Feiertag eins zu fünf Kilo Gewicht erhalten.
Vor allem ist aber Eile geboten, wenn es noch mit der Weihnachtsüberraschung klappen soll, denn die Frist läuft in dieser Woche ab. Wem das alles etwas zu hektisch geht, kann sich allerdings genauso gut über die Feiertage überlegen, die Arbeit von „Freiabonnements für Gefangene“ unabhängig von Weihnachten mit einer Bücherspende oder einer Abo-Patenschaft zu unterstützen, quasi als Vorsatz fürs neue Jahr.
Mehr Infos unter: www.freiabos.de
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