Bild: Ist der Traum von Bochum aus? Noch sträubt sich die amtierende Oberbürgermeisterin gegen die immer zahlreicheren Rücktrittsforderungen., BÄH-Bürger zur OB-Frage: „Abwahlbegehren unumgänglich“ Karikatur: ck

Die Katze sei aus dem Sack, verkündeten die „BÄH-Bürger“ am 8. November vollmundig in einer Pressemitteilung, nachdem die umstrittene Bochumer Oberbürgermeisterin (OB) Dr. Ottilie Scholz (SPD) tags zuvor „sogar gegen den Willen großer Teile der eigenen Partei“ im Stadtrat verkündet hatte, zur Kommunalwahl im Mai 2014 keineswegs auf ihr Amt verzichten zu wollen. Ein seitens der kommunalen Plattform „Bochum ändern mit Herz“ (BÄH) angestrebtes Abwahlbegehren gegen die bis Mitte 2015 gewählte OB könnte ihre sechsjährige Amtszeit jedoch vorzeitig beenden. Als Begründung wird neben der weiterhin desolaten Finanzlage der Stadt, für die Dr. Scholz mitverantwortlich sei, angeführt, dass sich die OB wiederholt über basisdemokratische BürgerInnenbegehren hinweggesetzt habe.
 
Auch die Linke kritisierte nach der Ratssitzung vom 7. November den Entschluss der OB, im Amt bleiben zu wollen. Dies entspreche zudem nicht den rot-grünen landespolitischen Leitlinien: „Die Entkopplung der Wahlperioden von Kommunalwahl und OB-Wahl hatte seinerzeit die schwarz-gelbe Landesregierung beschlossen und wurde dafür heftig kritisiert“, heißt es in einer aktuellen Presseerklärung der Linksfraktion im Rat. „SPD und Grüne hatten nach dem Regierungswechsel diese Regelung zurückgenommen. Doch eine Harmonisierung der Wahltermine kann nur funktionieren, wenn die OberbürgermeisterInnen ihre Ämter vorzeitig niederlegen“, so die Linksfraktion weiter. Dazu sei Frau Dr. Scholz jedoch nicht bereit. Bei einer abgekoppelten OB-Wahl befürchten die Ratslinken eine weiter sinkende Wahlbeteiligung und sehen „hohe zusätzliche Kosten auf die Kommune zukommen“.

Undemokratisches Verhalten?

Die fundamentale Kritik am Politikstil von Dr. Scholz hat bereits eine lange Vorgeschichte: Bereits vor ihrer ersten Amtszeit als Bochumer OB unterzeichnete die damalige Stadtkämmerin trotz eines erfolgreichen BürgerInnenbegehrens 2003 eilig einen für die Kommune finanziell letztlich schädlichen Cross-Border-Leasing-Vertrag mit einem US-Investor und bremste damit einen anstehenden BürgerInnenentscheid aus, der ansonsten zwingend hätte stattfinden müssen. Auch das im Bau befindliche Musikzentrum an der Marienkirche wurde trotz eines noch anhängigen BürgerInnenbegehrens unter der politischen Ägide von Dr. Scholz durchgesetzt. Zuletzt war die OB massiv in die Kritik geraten, da sie maßgebliche politische Verantwortung für den Umgang mit friedensbewegten ProtestlerInnen trug, die auf der Berufsbildungsmesse Anfang Oktober im RuhrCongress daran gehindert wurden, im Saal gegen einen Informationsstand der Bundeswehr zu protestieren. Hierbei erhielten mehrere Bochumer Ratsmitglieder Hausverbot (siehe :bsz 973).

Neuanfang für Bochum und Wattenscheid?

Die BÄH-Bürger fordern derweil einen politischen „Neuanfang für Bochum und Wattenscheid“: „Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Oberbürgermeisterin ihr Amt aufgibt.“ Wenn dies nicht freiwillig geschehe, hätten die BürgerInnen „das Recht, sie abzuwählen“; dies wird vor allem mit der immer noch weiter wachsenden kommunalen Verschuldung von über 1,4 Milliarden Euro, der vergleichsweise schlechten Infrastruktur sowie dem Bevölkerungsrückgang vor Ort begründet. Geplant ist, das Abwahlbegehren am 1. Dezember zu starten, um bis zum 31. März 2014 die notwendigen 43.000 Unterschriften zu sammeln: „Kommen diese Unterschriften zusammen, kann sich die OBin dem Begehren der Bürger beugen und zurücktreten. Geschieht dies nicht, wird voraussichtlich am 24.05.2014, am Tag der Kommunalwahl, auch darüber abgestimmt, ob die OBin abgewählt wird. Ist die Abwahl erfolgreich, wird 3-4 Monate später ein/e neue/r Bürgermeister/in gewählt“, erläutern die BÄH-BürgerInnen.

Weitere Infos im Internet unter:
baeh-buerger.de

2 comments

  1. Sebastian Marquardt

    Sehr guter Artikel, dankeschön.
    Danke für den sehr gut recherchierten Artikel. Das Cross-Boarder-Leasing ist ja auch eine Frechheit hoch 3 gewesen, die Stadt als Bürgen für Risikogeschäfte einzusetzen, ich mein es ging um 42 Mio. Euro. Das Musikzentrumsbegehren mit solchen Worten abzuschmettern wie, dass der Zeitpunkt für ein Begehren ungünstig wäre, weil dadurch der Bauplan in Zeitprobleme gerät widerstrebt ja allem demokratischen Mitbestimmungsrecht der Bürger. Frei nach dem Motto: es wurde gewählt, die Stimme ist erstmal für 5 Jahre in der Urne vergraben.

    Die Neuverschuldung von Bochum beträgt jährlich über 100 Mio. Euro (Nur die Neuverschuldung!) Und im Haushaltssicherungskonzept der Stadt ist der Ausverkauf der Stadt geplant. Bis 2022 sollen 2/3 von Bochum privatisiert werden. Was bedeutet es wenn das nicht passiert (und das darf auf keinen fall passieren)? Dann müssen halt noch mehr Schulden aufgenommen werden.

    Die OberbürgermeisterInnen-Wahl, wenn sie von der Kommunalwahl entkoppelt ist kostet auch nur schlappe 600.000 Euro. Danke Frau Scholz, dass sie meinen ihr Posten für ein Jahr wäre de rstadt soviel Wert.

    Meines erachtens begeht unsere Werte Frau Oberbürgermeisterin Scholz den bedeutensten politischen Fehler, den jemand machen kann: Sich dem Votum der Bürger entziehen, nur weil eine von der FDP fehleingeleitete Politik gemacht wurde.

    Die FDP Bochum behauptet auf ihrer Fraktionsseite ja immernoch, dass sie die Entkopplung begrüßen, weil dadurch angeblich die kompetenzen und nicht die Parteizugehörigkeit eine Rolle spielen würden. Damit entmündigt die FDP die BürgerInnen und spricht ihnen die Wahlkompetenz ab.

    Ich kann an dieser Stelle nur die Verwunderung der Linke verstehen. Die SPD sollte sich im klaren darüber sein, dass Ottilie Scholz nicht mehr die Sypathieträgerin schlecht hin ist und sich endlich von ihr trennen um wieder Themenpolitik machen zu können statt sich von dieser Frau weiter ins Aus befördern zu lassen.

  2. Absolut überfällif
    Gut gesprochen bzw. geschrieben: Wer mit offenen Augen durch die Stadt geht, dem muss ja auffallen, dass Bochum immer mehr abbaut. Es wird endlich Zeit, dass die schon als ewig andauernd gefühlte SPD-Herrschaft durchbrochen wird!

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