Eigentlich ist der ein ganz netter Kerl, wurde mir berichtet: Dirk Loose engagiere sich bei Greenpeace, sei in einer Gewerkschaft aktiv. Als ehemaliger AStA-Vorsitzender und auch in seinem aktuellen Amt als StuPa-Sprecher habe er sich immer mit Leidenschaft für die Interessen der Studierenden eingesetzt. Ich kenne Dirk Loose nicht, bin auch noch nicht so lange Studierende der RUB, kann dies alles also nicht beurteilen. Ihm aufgrund seiner Flyer-Aktion für die AfD rechtspopulistisches Gedankengut zu unterstellen, erscheint mir aus genau diesen Gründen ebenfalls problematisch.
Warum?
Trotzdem quält mich die Frage: Warum verteilt jemand Flyer einer Partei, deren Währungspolitik er unterstützt, deren weitere Inhalte für ihn aber ein absolutes Tabu darstellen? Aus „Solidarität mit Kollegen und Freunden“? Looses Begründung wirkt unglaubwürdig. Des Rätsels Lösung liegt vermutlich irgendwo zwischen immenser Frustration über das alternative Angebot etablierter Parteien und Blauäugigkeit – auch im Hinblick auf die Konsequenzen fürs eigene Amt.
Es ist stark anzunehmen, dass da kein Nazi und auch kein Rechtspopulist die StuPa-Sitzung leitet. Ähnlich verirrt wie Loose zeigten sich immerhin 4,7 Prozent der Deutschen WählerInnen zur Bundestagswahl. Also alles nur hochschulpolitisch aufgebauschter Wirbel um wenig? So einfach ist es nicht: Die Debatte um Dirk Looses wenig glorreiche Stunden am AfD-Wahlstand hat längst die Grabenkämpfe im Studierendenparlament verlassen und ist im medialen AfD-Diskurs angekommen. Als pars pro toto steht Dirk Loose dort für einen „Rechtsruck“ im AStA der Ruhr-Universität; er verkörpere einen neuen Typus des Rechtspopulisten: „Jung und akademisch“, titelten z. B. die Ruhrbarone.
AfD verharmlost
Auch in der übergeordneten Debatte: zwei deutliche Lager. Die Kritik kommt wie gewohnt von linksgrün der Mitte. Die Verteidigung aber ist eine andere: Es geht nicht mehr, wie noch im StuPa, um die Frage, wie ambitioniert Looses AfD-Engagement ausfiel. Die AfD wird nun schlichtweg verharmlost. Solange sich eine Partei noch im demokratischen Spektrum bewegt, können nationalistische, rassistische und homophobe Tendenzen offenbar getrost unterm Teppich verschwinden. Das Hier und Jetzt als Beginn einer potentiell gefährlichen Entwicklung zu sehen – absurd.
Es bleibt der fahle Beigeschmack, dass die AfD unterm Strich zu gut wegkommt. Eine Reduktion berechtigter und notwendiger Bedenken aus Oppositionskreisen auf Politisch-Strategisches ist ärgerlich. SympathisantInnen der Partei könnten sich durch den Fall Dirk Loose bestätigt sehen – auch diejenigen, denen es nicht nur um Währungspolitik geht. Unfreiwillig könnten Loose und die Solidarität des AStA die AfD forciert und in Uni-Kreisen ein Stück salonfähiger gemacht haben. Das wird sein Amt nachhaltig belasten.
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