Bild: Finanzierung von Menschenrechtsarbeit durch Kunstauktion: Amnesty International im Schauspielhaus, Wem helfe ich in Wirklichkeit mit meiner Spende? Bild: Jacq

Seit mittlerweile vierzig Jahren veranstaltet Amnesty International, eine Non-Profit-Organisation, die sich weltweit für Menschenrechte einsetzt, jährlich eine Kunstauktion. Diesen Winter war es wieder soweit: Am Sonntag, den 09. Dezember 2012 versteigerten lokale sowie überregional bekannte KünstlerInnen ihre Werke im Tanas (Schauspielhaus Bochum). Von altmodischen Ölgemälden über abstrakte Skulpturen bis hin zu signierten Büchern – bei der jährlichen Auktion ist jedes Kunstwerk willkommen. Manches Werk lässt das Herz der KunstliebhaberInnen höher schlagen, manch anderes Werk will man selbst für einen guten Zweck nicht in Kauf nehmen.
Vielen KünstlerInnen wurde die Möglichkeit geboten, mit ihrer Kunst etwas Gutes zu tun, indem sie durch die Versteigerung einen Beitrag zur Finanzierung der Menschenrechtsarbeit leisteten. Ist diese Art von sozialem Engagement wirklich effektiv oder sollte man die KünstlerInnen lieber dazu ermutigen, ihre Werke im Keller verstauben zu lassen?  

Sie schalten das Abendprogramm auf ihrem nigelnagelneuen Smart-LED-Fernseher mit Ultra-Breitbild an. Werbung. Sie werden zum Spenden aufgerufen. Sie gucken auf die Bilder im Fernsehen, dann wieder auf den Fernseher selbst. Hin und her. Hin und her. Hin und her. Das schlechte Gewissen wächst und wächst. „Schon eine kleine Spende kann Großes bewirken“, beteuert das Engelchen auf ihrer linken Schulter.
Und zack – Sie greifen zum Hörer. Doch  plötzlich kommen Zweifel in Ihnen auf. Werde ich mit meiner Spende wirklich jemandem helfen? Geht mein wertvolles Geld nicht nur für sinnlose Werbe- und Verwaltungskosten drauf? Und der Teufel auf ihrer rechten Schulter fragt Sie verführerisch: „Willst du die Knete nicht lieber in das ‚Fußball Bundesliga Paket‘ von Sky investieren?“

Ist dem Namen „Non-Profit-Organisation“ immer  blindlings zu trauen?

Die Erlöse der Kunstauktion von Amnesty International werden dafür genutzt, „weltweit kontinuierliche, zuverlässige und professionelle Recherchen zur Menschenrechtssituation von Ländern und Einzelpersonen“ sowie „lokale Öffentlichkeitsarbeit“ zu finanzieren.
Immer wieder gab es in der Öffentlichkeit Fälle, die das Misstrauen von SpenderInnen erweckt haben. Im Interview mit dem Spiegel äußerte sich Stefan Loipfinger, ehemaliger Chef der Internetplattform „CharityWatch“, zur Seriosität einiger Spendenorganisationen:
Unter den Organisationen gebe es selbstverständlich auch Trittbrettfahrer. „Diese Vereine waren in den meisten Fällen noch nie vor Ort, denken aber, sie könnten von der Spendenbereitschaft profitieren und sich profilieren“, erläuterte Loipfinger.
Am 27.02.12 wurde die Arbeit von CharityWatch eingestellt, da die MitarbeiterInnen und Sympathisant­Innen der Internetplattform als auch die Familie von Stefan Loipfinger mit schwerwiegenden Drohungen zu kämpfen hatten. „Wenn nur ein Teil der weit über 100 Millionen Euro, die allein die auf der Warnliste stehenden Organisationen jährlich einsammeln, zu seriösen Vereinen umgelenkt werden konnte, hat CharityWatch.de mehr Hilfe geleistet, als alle seine Mitarbeiter zusammen in ihrem Leben jemals hätten spenden können“, so Stefan Loipfinger in seinem Abschiedsbrief an die LeserInnen. Sein Statement zeigt nicht nur wie präsent die Existenz der TrittbrettfahrerInnen wirklich ist, sondern auch, dass die Betrüger­Innen alles dafür tun werden unentdeckt zu bleiben. Eine vollkommene Transparenz im Spendenbereich zu ermöglichen, scheint bisher unmöglich.

Alles Schöne im Leben hat einen Haken

Damit eine Spendenorganisation wirklich etwas bewegen kann, benötigt sie mehr als eineN SpenderIn und eineN EmpfängerIn. Die effiziente Öffentlichkeitsarbeit für die Organisation, die genaue Recherche der Situation sowie eine professionelle interne Verwaltung sind unerlässlich. In jeder Branche gibt es BetrügerInnen, auch unter den Spendenorganisationen. Dieser Fakt sollte aber keineswegs ein Beweggrund dafür sein, keiner Organisation mehr zu trauen. Nicht alle Spendenorganisationen sind nur auf die eigenen Vorteile bedacht: Manchmal wollen Menschen auch wirklich nur uneigennützig Gutes tun!
Die Spendeorganisationen leben von der Öffentlichkeit, denn die Öffentlichkeit ist ihre Luft zum Atmen. Ohne Öffentlichkeitsarbeit keine SpenderInnen. Auch Amnesty International ist auf die weltweit kontinuierliche, zuverlässige und professionelle Recherche zur Menschenrechtssituation und die Öffentlichkeitsarbeit angewiesen. Wir sollten uns gut überlegen, wem wir trauen, aber wir sollten uns auch gut überlegen, wen wir anprangern. Wie viele TrittbrettfahrerInnen auch einsteigen – die Bahn peilt immer die richtige Richtung an.
 

0 comments

You must be logged in to post a comment.