Der Haushaltsausschuss des Studierendenparlaments (StuPa) ist ein Organ, das die Finanzen der Studierendenschaft der vergangenen Jahre unabhängig prüfen und im besten Fall die Asten der letzten Jahre entlasten soll. Dabei ist es nur vernünftig, dass ein Mitglied des Haushaltsausschusses (HHA) weder Mitglied des zu prüfenden noch des aktuellen Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) sein darf. Dass nun aber ausgerechnet der Vorsitzende dieses Prüforgans, Jochen Kreusch (LiLi), im vergangenen Jahr mit den Rechten und Pflichten eines AStA-Referenten ausgestattet worden ist, stellt die Unabhängigkeit des HHA in Frage. Die Listen NAWI, die Internationale Liste und die Juso-Hoschulgruppe fordern nun Kreuschs Rücktritt.
Jochen Kreusch ist Mitglied der Linken Liste und bereits seit mehreren Jahren Mitglied im Haushaltsausschuss, seit dem Haushaltsjahr 2011/2012 ist er sogar dessen Vorsitzender. Gleichzeitig übte er im vergangenen Haushaltsjahr, das bedeutet in der Legislaturperiode des 44. StuPa und des zu prüfenden AStA „die Tätigkeit eines Referenten“ aus, so der Vorwurf der aktuellen AStA-tragenden Listen. Weder ist es aber laut Hochschulgesetz einem/einer KassenprüferIN erlaubt, Mitglied des aktuellen oder zu prüfenden AStA zu sein noch erlaubt die Haushalts- und Wirtschaftsführungs-Verordnung NRW den umgekehrten Fall: Ein AStA-Mitglied darf nicht gleichzeitig den Haushalt des letzten AStA prüfen. Tatsache ist aber: Jochen Kreusch war nicht offizielles Mitglied des AStA.
Wann ist jemand Referent?
Im vergangenen Jahr veranstaltete Jochen Kreusch die „Woche der Wissenschaften“ und wurde dafür vom AStA mit einem Honorar in Höhe von 800,00 Euro bezahlt, zuzüglich Spesen. Zunächst einmal erscheint allein der Betrag „im Vergleich zu einer vollen Aufwandsentschädigung einer Referentin des Allgemeinen Studierendenausschusses (im Haushaltsjahr 2011/2012: 525 Euro) unverhältnismäßig hoch“, heißt es in der Rücktrittsaufforderung von NAWI, IL und Jusos. Weiter liest man: “Die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit scheinen missachtet.“
Darüber hinaus sieht der jetzige AStA in den Tätigkeiten, für die Kreusch bezahlt wurde, die eines AStA-Referenten, der er nominell zwar nicht war, aber de facto die gleichen Rechte und Pflichten wie solcher besaß. Die Jusos bezeichnen dies als „eine reine Verschleierungstaktik des Lili-Grüne-Swib AStA (…), die nun aufgeflogen ist.“ Die Schlussfolgerung ist der Grund für die Forderung nach dem Rücktritt: „Die Befangenheit des Vorsitzenden des Haushaltsausschusses“. Kreusch wies die Vorwürfe zurück und will nicht zurücktreten; die Linke Liste hat sich öffentlich dazu noch nicht geäußert.
Es geht (wie immer) auch um die Wahlen
Die Angelegenheit mit der tatsächlichen Unabhängigkeit des Haushaltsausschusses ist nur einer von vielen Punkten, die zurzeit die Stimmung hochkochen lassen und die Sache ist mit dem Vorwurf „Quasi-Referent“ Kreusch nicht abgeschlossen. Wie immer spielen Listeninteressen eine große Rolle, besonders im Hinblick auf die StuPa-Wahlen, die im Januar nächsten Jahres stattfinden werden. Die Listen, die in der vergangenen Legislaturperiode den AStA stellten, drängen darauf, ihren Haushalt möglichst schnell zu entlasten. Die Gegenpartei hingegen drängt darauf, dass der Landesrechnungshof, der vor einigen Monaten die Haushalte der Asten der vergangenen Jahre überprüfte, seinen Bericht veröffentlicht, und das auch noch möglichst schnell. Die jetzigen AstA-Listen bauen darauf, dass dieser Bericht einige Mängel aufdeckt, die für den Wahlkampf von Relevanz sein könnten. Bleibt zu hoffen, dass sich der Wahlkampf dieses Mal nicht wieder hauptsächlich darauf stützt, auf vergangenen Fehlern der Anderen herumzuhacken, sondern dass die Listen eigene Programme mit Substanz vorzuweisen haben.
AStA ohne Geschäftsordnung
Die Haushaltsprüfung und somit Entlastung des letzten AStAs gestaltet sich zu alledem noch schwierig, da sich ebenjener AStA keine Geschäftsordnung gegeben hat und Kassenanweisungen keine Protokolle über ihre Beschlüsse haben. Das verzögert die Arbeit im Ausschuss, es wird über Grundsätze wie den Nutzen von Geschäftsordnungen und die Beschlussdokumentationspflicht diskutiert. Erneuter Vorwurf von Jusos, Nawis und Internationalen: Ohne Protokolle und Geschäftsordnung herrsche Willkür in der gewählten Studierendenschaft. Grüne und LiLis hingegen sehen keinen Bedarf an einem Übermaß an Bürokratie.
Die Diskussionen laufen heiß, da eben vor den Wahlen unter Termindruck. Die Ausschussmitglieder dürfen nicht aus dem Blick verlieren, dass es ihre Aufgabe ist, die Wahrheit zu finden und nicht Wahlkampf zu betreiben.
1 comments
Reply
You must be logged in to post a comment.
Bürokratie?
Eine Geschäftsordnung muss es laut Satzung der Studierendenschaft geben. Die muss auch dem Parlament vorgelegt werden. Das hat dann auch was mit demokratischer Kontrolle zu tun.
http://stupa-bochum.de/images/studierendschaftssatzung.pdf
§ 27
Geschäftsordnung
(1) Der AStA gibt sich eine Geschäftsordnung.
(2) In der Geschäftsordnung können Beschlüsse des AStA an
den Vorstand delegiert werden.
(3) Das SP erhält die Geschäftsordnung zur Kenntnisnahme.
Tja, und dann geht es in dem Kontext um Folgendes:
Wenn laut Satzung nur über die Regelung des § 27 Absatz 2 Aufgaben des AStA an den Vorstand delegiert werden dürfen (woanders steht darüber nichts, ansonsten gibt es satzungsmäßige Aufgaben des Vorstands/des Vorsitzenden), ist hier einiges schief gelaufen. Das heißt nämlich: Gibt es keine Geschäftsordnung, dürfen auch keine Finanzanträge vom AStA-Vorstand beschieden werden, weil das der Gesamt-AStA nicht entschieden hat. Ohje…