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Vor zwei Wochen demonstrierten in Essen etwa 500 Menschen gegen die geplante Gebührenerhöhung der Verwertungsgesellschaft GEMA. Unter dem Motto „Gema nach Hause“ zogen die Demonstrant_innen vom Hauptbahnhof Richtung Stadtgarten, wo gemäß dem erweiterten Motto „Tanzen gegen die GEMA“ verschiedene DJ-Sets zu hören waren.
Nun planen die Organisator_innen der Aktion eine weitere Demonstration in Dortmund. „Wir haben bislang Zusagen für sieben Wagen“, sagt Vassili Kostadimas, einer der Initiator_innen der Demonstration. Dass noch welche dazukommen, ist nicht ausgeschlossen. Von jedem der Wagen soll es Musik zu hören geben, wobei das musikalische Spektrum so breit wie möglich aufgestellt sein soll.

 

Und gerade Dortmund sei dafür prädestiniert, glaubt Kostadimas. „Dortmund ist gewissermaßen so ein Dreiländereck im Ruhrgebiet, wo du Leute aus verschiedenen musikalischen Genres in ein Boot holen kannst.“ In Essen hatte man sich eher auf elektronische Musik konzentriert, in Dortmund geht man nun darüber hinaus. So wird es zum Beispiel auch einen Reggae- und Dancehall-Wagen geben. Außerdem habe Dortmund als Demonstrationsort besonderen Symbolwert, denn die Bezirksdirektion der GEMA befindet sich direkt am Dortmunder Stadtgarten.
„Vom Friedensplatz aus werden die uns sicher hören“, sagt Marc Ziemann, der die Demonstration angemeldet hat. Auf dem unmittelbar am Stadtgarten gelegenen Friedensplatz soll die Abschlusskundgebung stattfinden.

All The Time und Beatplantation

Elektronische Klänge wird es in Dortmund vor allem von der Beatplantation-Crew und dem Musik- und Kunstkollektiv All The Time geben. Die Initiatoren der Beatplantation um den Essener DJ und Musiker Georg Breger haben sich in der Vergangenheit bereits an zahlreichen Demonstrationen im Ruhrgebiet beteiligt. Dabei hat sich immer wieder gezeigt, dass der hedonistische Charakter der Partyszene durchaus mit kritischen und politischen Inhalten zusammengebracht werden kann. „Ich finde es spannend und gut, dass der Dancefloor auch mit einer politischen Botschaft bespielt werden kann“, sagt auch Demo-Organisator Kostadimas.

Der Dortmunder DJ André Rother von All The Time hat ebenfalls Erfahrung mit Tanzdemonstrationen. Bei der Euromayday-Demonstration vor drei Jahren hat er bei der Abschlusskundgebung auf dem Dortmunder Nordmarkt ein Techno-Set aufgelegt. Diesmal wird All The Time selbst einen Wagen organisieren, um ein Zeichen gegen die GEMA-Praxis zu setzen. „Sicherlich sollten Künstler für ihre Werke auch Geld bekommen“, sagt Rother. Allerdings würden durch die GEMA nur die verdienen, die sowieso schon genug bekommen. „Und der elektronischen Musikszene wird die GEMA ohnehin nicht gerecht. Die hat doch keine Ahnung davon, wie die funktioniert“, glaubt Rother. Am schlimmsten seien jedoch die direkten Folgen für die örtliche Musik- und Clubszene. „Man könnte meinen, Dortmund sei mit der Sperrstunde und der Vergnügungssteuer eigentlich schon genug bestraft“, heißt es von einem anderen Mitglied des Dortmunder Kollektivs. „Aber die GEMA setzt noch einen drauf.“

Ähnlich schätzt auch Chris Brosky die Lage ein. Er betreibt die Suite 023 und hat bereits zahlreiche Musikveranstaltungen organisiert. „Ob es nun das Rauchverbot ist oder irgendein anderer Scheiß, es gibt immer etwas, mit dem man sich als Musikveranstalter auseinandersetzen muss. Manchmal habe ich das Gefühl, unserer Branche werden viel mehr Steine in den Weg gelegt als jeder anderen.“ Sollte die Gebührenerhöhung wie geplant umgesetzt werden, müsste Brosky monatlich 2.500 Euro zusätzlich an GEMA-Gebühren zahlen. „Das sind im Jahr mehr als 25.000 Euro. Das ist für uns wirtschaftlich in keiner Weise tragbar.“

Kritik aus den eigenen Reihen

Tatsächlich scheint sich vor allem die elektronische Clubszene von der Gebührenerhöhung bedroht zu fühlen. Ein Urgestein der elektronischen Tanzmusik, der Frankfurter Produzent und Clubbetreiber Sven Väth, ist seit langer Zeit Mitglied bei der GEMA und gehört gleichzeitig zu den größten Kritiker_innen der Gesellschaft. Wie Rother erklärt auch Väth, der Verteilungsschlüssel der GEMA berücksichtige nur „die dicken Fische“ und benachteilige dabei „Tausende von Komponisten, insbesondere diejenigen aus unserer Musikszene.“ Er sei einer der wenigen Künstler_innen im Bereich der elektronischen Musik, der überhaupt etwas bekommt.

Ob die Kritik der Demonstrant_innen bei den Verantwortlichen Gehör finden wird, bleibt abzuwarten. Die Demonstrationen in Berlin und Essen jedenfalls haben die Diskussion um eine Reform oder gar Abschaffung der GEMA weiter angetrieben. Und die hedonistische Jugend wird es sicherlich auch zu schätzen wissen, wenn sie bei schönem Wetter ein paar Stunden tanzen kann – und das vorerst noch kostenlos.

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