Die kunstvoll geschaffenen Wunderwerke dieser Welt, die sich aus Anschauungen, Ideen und den genialen, fast göttlichen Funken echter Inspiration speisen? Architektur, Kultur und Literatur möchte mancher anführen. Musik, vor allem Klassische, sagen andere. Ja, das Vermögen, das uns zu Entwicklung befähigt und unzweifelhaft als Krone der Schöpfung ausweist, zeigt sich. Vor allem in dem Moment, in dem wir die Verpackung wieder aus dem Müll holen, um die Backzeit nachzulesen. Denn in unseren Oberstübchen herrscht permanenter Stromausfall in Sachen Selbstbeobachtung, vor allem, was den blinden Fleck betrifft. Das geht so weit, dass wir – anstatt uns selbst – unser Haustier vor den Spiegel halten, damit es sich selbst sehen kann. Augenblicke wie diese sind der Popel, der an der Nase unseres Miteinanders klebt. Wir merken es nur meist nicht. Die Anderen sehen ihn vielleicht gelegentlich, aber gegenseitig weist man sich auf ihn – wenn überhaupt – lieber diskret, als selbstverständlich ungeniert hin. Demutspopel bilden nicht das Kerngeschäft unserer mit Images handelnden Gesellschaft, aber kein Taschentuch dieser Welt wird die Produktion von Sekret verhindern. Wir sind so. Wir halten Jackentaschen für einen geeigneten Ort, um Kaugummis zu lagern. Wir hoffen, dass unsere Fürze nicht stinken und setzen unsere ästhetischen Hoffnungen auf besseres Licht oder den Sepia-Modus von Photoshop. Es gibt sie, diese Momente, in denen uns schmerzlich bewusst wird, dass der Mensch irgendwie doch nicht zu den Höhepunkten der Evolution gehört. Das wäre ok. Doch schmücken wir uns trotzdem nur allzu gerne mit einer Haltung, die sagt: Wir haben den State of the Art, die Aufklärung, die Moral noch immer bis in den entlegensten Winkel jeder unserer Kolonien gebracht – egal, welche Grenzen gerade auf dem Papier für sie galten. Diese Haltung sagt, dass einige von uns am Ende eben doch besser sind als andere. So haben wir nahezu ungehindert immerhin mehrere Hundert Jahre Weltgeschichte legitimiert. Was wir vergessen, ist, dass der bessere Mensch eine Stimme in unserem Kopf, der General in unseren Urteilen ist. Und der sagt uns permanent, dass wir keine Popel produzieren sollten. Tun wir aber und sollten hoffen, das auch in Zukunft zu tun. Denn es verrät uns auch etwas über Universalität. Sich selbst im anderen (wieder) zu erkennen, ist eine Lektion, die sich täglich lernen ließe. Zum Beispiel dann, wenn du wieder mal das Telefon im Kühl- oder Kleiderschrank wiederfindest, oder du dir das nächste Mal einen Porno anschauen willst und die Webcam wegdrehst. Es sind Momente, die uns auf uns selbst zurückwerfen. Wir erkennen sie daran, dass sie sich ein bisschen so anfühlen wie der kurze Herzriss, den man bekommt, wenn man denkt, es kommt noch eine Stufe, dann aber ins Leere tritt.
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