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Auch diesen Sommer werden zahlreiche DortmunderInnen wieder im Dortmund-Ems-Kanal baden gehen. Besonders dort, wo der Kanal an den Fredenbaumpark angrenzt, werden die engen Grünstreifen bei steigenden Temperaturen wieder reich besiedelt sein. Viele der meist jungen Leute stören sich nicht am Schwimmverbot und den möglichen Gefahren durch Schiffsverkehr oder Schadstoffe im Wasser, währendsie Bier trinken und in der Sonne liegen. Der PCB-Skandal, der vor zwei Jahren bundesweit für Schlagzeilen sorgte, scheint beinahe vergessen. Die ehemals am Hafen ansässige Entsorgungsfirma Envio war damals in die Kritik geraten, als bekannt wurde, dass durch fehlerhaftes Vorgehen über Jahre hinweg Polychlorierte Biphenyle (PCB) in die Umwelt gelangt und sowohl ArbeiterInnen der an den Entsorgungen beteiligten Fimen, als auch Teile des Hafengeländes massiv kontaminiert worden waren. Schon bei einer Routinekontrolle im Jahr 2008 wurde auf Grund erhöhter PCB-Werte den anliegenden KleingärtnerInnen empfohlen, das selbst angebaute Gemüse nicht zu verzehren. Ganze zwei Jahre bevor der Skandal öffentlich wurde. Die Verfahren gegen vier verantwortliche Manager des Unternehmens wurden in der vergangenen Woche am Dortmunder Landgericht eröffnet. Allerdings wird sich eine Verurteilung der Angeklagten auf das fortwährende Problem der PCB-Belastung nicht auswirken. Das Unternehmen ist inzwischen insolvent, die Kosten für die Sanierung des weiterhin schwer belasteten Envio-Geländes wird die Stadt übernehmen müssen, und diese hat dafür kein Geld.
Durch den Envio-Skandal bekam das Hafenviertel einen schlechten Ruf, auch wenn dessen anhaltende Folgen zumindest bei den Badegästen in Vergessenheit geraten. An Attraktivität verlor das Hafenviertel aber bereits, als Ende des Jahres 2009 die Strandbar Solendo die Pforten schließen musste, weil die Stadt auf Grund von ausbleibenden Sanierungsarbeiten der Inhaber der Strandbar deren Pachtvertrag nicht verlängerte. Der Quartiersplan der Stadt sah zwar ursprünglich vor, in den alten Gebäuden der Speicherstraße Büros und Atelierräume zu schaffen, doch ein anderer Inverstor ließ sich nicht finden.
So begrüßte es die Stadt, dass sich in leerstehenden Räumlichkeiten direkt unterhalb des Hafenamtes eine Gruppe junger Leute einfand, die Kunst ausstellte und Partys machte. Das Kunst und Veranstaltungskollektiv „All the Time“ war dabei, MacherInnen des „Vrstcks“, die Dortmunder Kunstgruppe „Nonstop Nerds“ und zahlreiche Einzelkünstler wie Marco Störmer oder Bene Bavarese. Es wurde kein Geld verdient, Einnahmen durch Spenden etwa wurden in neue Veranstaltungen investiert, vieles geschah ehrenamtlich.
Und schließlich bemerkte auch Axel Schauerte, dass es in den Räumlichkeiten, für die er bereits einen Pachtvertrag ausgehandelt hatte, Potenzial für kreative Veranstaltungen gab. Der erfahrene Gastronom investierte in den Umbau des Gebäudes, eine Küche und eine Zapfanlage wurden eingebaut. Da durch die vorangegangenen Aktionen bereits ein gutes Netzwerk von KünstlerInnen und VeranstelterInnen entstanden war, ließ Schauerte einige Beteiligte weiterhin Veranstaltungen organisieren. Aus dem Umbau ging schließlich eine Strandbar mit Konzertraum und Bistro-Küche hervor. Da durch Schauertes Investitionen und die Folgen eines regelmäßigen Gastronomiebetriebs aber nun Geld verdient werden musste, wurden vermehrt kommerzielle Veranstaltungen wie Fußballübertragungen und Partyreihen angeboten.
Schräg gegenüber der Hafenliebe eröffnete im Spätsommer dann auch Herr Walther, eine Strandbar mit einem Schiff als Bar, Club und Küche. Zunächst sah es so aus, als würde die Gastronomielandschaft am Hafen endlich aufblühen. War das der Beginn einer erfolgreichen Gentrifizierung, wie sie sich das Quartiersmanagement wünschte?
Zahlungsschwierigkeiten des Hafenliebe-Inhabers führten Anfang des Jahres zu einer zunehmenden Frustration der MitarbeiterInnen. Mitte März kam es zum Eklat. Der Laden musste auf Grund von behördlichen Schwierigkeiten vorrübergehend schließen, die MitarbeiterInnen bekamen keine Informationen darüber, was vorgefallen war. Kurze Zeit hieß es, der Inhaber würde wechseln, ein anderer Betreiber habe sich gefunden. Schließlich blieb die Hafenliebe mehrere Wochen geschlossen. Die als Aushilfen oder ohne Vertrag beschäftigten MitarbeiterInnen waren gezwungen, sich nach anderen Jobs umzusehen. Außstehende Gelder wurden nicht gezahlt. Nun hat die Hafenliebe wieder geöffnet, Axel Schauerte ist weiterhin Betreiber. MitarbeiterInnen werden gesucht, „Aufstieg nicht ausgeschlossen“, wie es auf der Internetseite heißt. Keine der Veranstaltungen, welche vor der Schließung regelmäßig stattfanden, wird fortgesetzt. Weder die freie Bühne der Beatsession, noch die Poetry-Veranstaltung Schreibgut, noch eine einzige Partyreihe oder Kunstausstellung.
Was bleibt also vom Hafen? Ein schlechter Ruf und zwei Strandbars, von denen zumindest Herr Walther noch Tanzveranstaltungen anbietet. Und die Einsicht, dass am Hafen nicht nur das Schwimmen gefährlich sein kann, sondern auch die Umsetzung eines Projektes wie in den Räumen der Hafenliebe. Und dass es zum Glück noch immer Leute gibt, die sich der Gefahr aussetzen.

 

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