Im Netz findet wirklich jedes Ego Platz. Egal, ob klare Glaubenskante oder politisch-religiöse Zwecksymbiose. Das Bedürfnis nach Selbstdarstellung mag noch so groß sein, hier kann es sich virtuell mal so richtig austoben. Für nahezu jede religiöse Richtung und Glaubensorientierung hält das Web entsprechende Frage-und-Antwort-Seiten bereit. Dafür ist nicht einmal das Vorhandensein einer Gottesvorstellung notwendig. So lohnt es sich, bei Nordkoreas neuem Kim vorbeizusurfen. Die FAQs des Monsieur Jong-un finden sich im Forumsbereich und sind eine wahre digitale Perle, die erst vergangene Woche auf den neusten Stand gebracht wurde. Passend zum neuen Führer hat auch die Seite gerade erst einen Relaunch hinter sich. Frage 1: Kann ich ein signiertes Foto vom Führer Kim Jong-IL bekommen? Na klar, selbiges ist problemlos im Fan-Shop erhältlich. Während Nordkorea schon am Marketing feilt, streiten die Zeugen Jehovas noch darüber, ob man das Internet überhaupt benutzen sollte – in der Bibel findet sich schließlich kein einziger Hinweis zum Umgang mit dem Web. Der Vatikan dagegen vertreibt schon fleißig Apps für Smartphones. Kostenpflichtig übrigens. Bibelsprüche auf‘s Handy? Kein Problem. Aber auch Satansjünger und Teufelsanbeter haben das App-Universum für sich entdeckt. Ein Schritt, der zumindest für die Zeugen Jehovas noch aussteht. Immerhin betreiben sie schon mal eine aufklärende Homepage (bis das mit dem Internet endgültig geklärt ist). So viel Service war selten: Endlich erfahren wir, dass Flötenspiel in Jesu Tagen wirklich zu den Trauerbräuchen gehörte. Puh. Nochmal Glück gehabt. Selbst zum Umgang mit Handys, Pornografie und Filmen wissen die Zeugen Rat. Auch beantworten sie auf der offiziellen Seite der Wachtturm-Gesellschaft die Frage, warum wahre Christen kein Ostern feiern und die ‚fehlgeleiteten‘ Christen während der Ostertage offenbar Bräuchen frönen, „die Gott nicht gefallen“ würden. Für die Verteiler des Wachtturms ein ‚beliebter Fehltritt‘, über den die Zeugen jedoch gerne aufklären. Ostern, Weihnachten und Geburtstage sind Feiern, die „den falschen Religionen aus dem Altertum“ entstammen – zumindest, wenn man Bibelnähe den Vorzug gibt. Dann wird es nämlich auch beim scheinbar so zentralen christlichen Kreuzsymbol schwierig. Auf ihrer Infoseite klären die Zeugen, worin der Irrtum besteht: „Jesus starb nicht an einem Kreuz. Er starb an einem Pfahl oder Stamm.“ Das griechische Wort, das in vielen Bibeln mit ‚Kreuz‘ übersetzt wurde, habe lediglich die Bedeutung von einem einzigen Holzstück. Ach, so. Im Web haben jedoch nicht nur Follower des Christentums Spuren hinterlassen. Was ist beispielsweise zu tun, wenn man als Muslim mal wieder eine Zahnfüllung benötigt? IslamQA.info gibt Antwort. Legitim ist die Zahnbehandlung nach religiösen Maßgaben nicht, wenn sie ausschließlich einem ästhetischen Bedürfnis entspringt, sondern nur dann, wenn es aus medizinischen Gründen notwendig ist. Das Gleiche gilt für Brustoperationen. Entwarnung gibt es hingegen für Fragen aus der Reinheitsecke: „Wenn eine menstruierende Frau ihre Hand in Wasser taucht, verunreinigt sie es damit?“, fragt ein Mann. Keine Sorge, heißt es dazu. Beim Brauch des 1. Aprils sieht das allerdings anders aus. Hier gilt der Scherz als Lüge und die ist zu vermeiden. Schließlich findet sich noch eine Problematik von besonderer Brisanz: „Er hat ein Mädchen kennengelernt, aber sie hat jemand anderen geheiratet. Kann er ihr Ehemann im Paradies sein?“ Nein. Begründung: Das Paradies ist kein Treffpunkt für Liebende und Allah müsse es schließlich wissen.
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