Man könnte meinen, so ein Abiturzeugnis sei eine Art zentraler Zauberschlüssel für alle höheren Weihen der Hochschule. Aber im Zweifelsfall ist es eben nur ein papierener Wisch, auf dem formal festgehalten wurde, wie gut Sie sich als Schüler oder Schülerin anzupassen wussten. Es bescheinigt Ihnen – ob nun zu Recht oder zu Unrecht – die Hochschulreife. Doch bereitet es sicher niemanden auf das Leben an einer Universität vor. Genau in dem Moment, in dem man plötzlich seine Immatrikulationsbescheinigung in der Hand hält und zum ersten Mal einen Hörsaal betritt, ändern sich die Dinge. Vor allem, wenn man auf einmal der Großmutter erklären muss, dass es sich nicht um eine lobende Leistungsbemerkung handelt, wenn auf der Studienbescheinigung steht, man sei „ordentlich eingeschriebener Student“. Spätestens dann ahnt auch der Letzte, dass er soeben dabei ist, einen kuriosen Campus-Kosmos mit ganz eigenem Regelwerk zu betreten. Die Freunde heißen jetzt Kommilitoninnen und Kommilitonen, egal wie blöd das klingt. Texte so dick wie Telefonbücher werden ab sofort als Reader ausgegeben oder sind notfalls im so genannten Handapparat zu finden. Außerdem gebrauchen Ihre KommilitonInnen jetzt ständig so seltsame Abkürzungen wie FSVK oder AStA. Letzteres steht zum Beispiel für Allgemeiner Studierendenausschuss. Aber auch auf der weiten Flur der Abkürzungen lauern ungeahnte Fallstricke. Was ist zum Beispiel, wenn jemand meint, dank Studium müssten Sie doch um die Mehrzahl von so einem AStA wissen und Sie deswegen aus heiterem Himmel fragt, „Wie lautet eigentlich der Plural von AStA?“ Ganz einfach: ASten. Klingt auf jeden Fall besser als AStAs. Es ist aber in jedem Fall klüger, es mit AStas als mit Asti zu verwechseln. Denn hier helfen weder ansonsten gern gesehene Kernkompetenzen in Pluralbildung noch Latein- oder gar Sektmarken-Kenntnis weiter. Aber kein Problem, auch Sie belegen von nun an Seminare und Vorlesungen. Sie essen nicht einfach nur Mittag in der Mensa, sondern gehen „Mensen“. Später besuchen Sie dann Kolloquien und Symposien, kümmern sich um Scheine, den Workload und Ihre Credit Points. Wenn Sie währenddessen noch Zeit finden, sorgen Sie sich vielleicht um eine Promotion oder hoffen gar auf eine Habilitation. All das lernen Studis ebenso schnell wie den dazugehörigen Standesdünkel. Immerhin handelt es sich hierbei bloß um Habitus, Vokabeln und Fakten, die mit ein bisschen Übung leicht zu merken sind. Doch helfen Ihnen diese im Zweifelsfall nicht weiter. Genau das ist der springende Punkt: An einer Uni geht es letztlich eben nicht ums So-tun-als-ob, das Auswendiglernen oder das, was andere dachten, sondern um das, was Sie denken. Es geht darum, Fehler zu machen und anschließend die richtigen Fragen zu stellen. Und das Beste daran ist: Darauf bereitet Sie kein Wisch der Welt vor.
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