Ein leuchtender Denker mit einer klaren, schnörkellosen Biographie. Er war wie geschaffen, mit seinem Beispiel die Deutschen zu führen. Zu ihm konnten sie aufschauen, mit ihm waren sie verbunden. Er war ihnen so ähnlich. Fast einstimmig wurde er gewählt. Und dann, schon in den ersten Tagen seiner Amtszeit, bewegten seine Worte das Land. Alle gehörten dazu, sagte er. Alle. Man hörte und sinnte nach. Oh ja, er hatte recht. Aber wer sprach noch so? Ja, unser aller großes Vorbild: geboren in Betlehem, gestorben in Jerusalem. Konnte es sein? Es würde passen. So war er, unser Bundespräsident. Er war kein lauter Präsident, nein nein. Nicht durch krakeelende Reden fiel er auf, wie die anderen PolitikerInnen. Er stand über dieser Klasse. Besonnen und ruhig war sein Handeln. Man hätte ihn fast nicht bemerkt, so bedachtsam war er. Doch dann kamen sie: die Neider. Er habe geschäftliche Beziehungen zu einem Unternehmer gehabt. Ja und? Er habe die Anfrage im Landtag falsch beantwortet. Lappalie! Was geht diese „Grünen“, diese langhaarigen Sozialschmarotzer, überhaupt seine Freundschaften an? Was nehmen sie sich raus, diesen großen Mann nach Krediten zu fragen? Das gehört sich doch nicht. Die Journaille empörte sich. Einen Dolch wollte sie in den Rücken unseres großen Präsidenten stoßen.  Wie reagierte Seine Exzellenz? Er wollte es klären, er war besorgt, nicht wütend. Also rief er an, bei der Presse. Was für ein gutherziger Mensch! Einfach so – dabei war er gerade auf dem Weg zum Emir. Doch die wollte nicht hören. Die Parasiten saugten sich fest. Der kleine Mann von der Straße war entsetzt: Was war das für eine Hetzjagd? Offen und ehrlich beantwortete er alle Fragen, die ihm gestellt wurden. Doch sie schlugen weiter auf ihn ein. Und so kam es, wie es kommen musste: Christian Wulff trat am 17. Februar 2012 zurück. Ein Aufschrei ging durch das Land. Requien wurden gesungen. Männer, Frauen und Kinder weinten. Beim großen Zapfenstreich waren sie alle da, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Die Bundeskanzlerin und ihre Minister machten deutlich: wir halten zu dir. Ehrenvoll stand das Militär. Doch der gemeine Mob machte Lärm mit Plastiktröten. Diese verkommenen Subjekte verlangten, ihm sogar den Ehrensold zu nehmen. Diesem armen, gescholtenen Mann und seiner bescheidenen Frau soll sogar ihr letztes Brot genommen werden. Und wegen was? Weil sie ihrem Land gedient haben, mit aller Kraft. Weil sie Freunde hatten. Was sind das für „Menschen“, die Christian Wulff angegriffen haben? Wegen solchen Leuten können wir niemals schöne Dinge haben.

 

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