Die Mediziner raten mir, das Ganze nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. In der nächsten Woche ist also Röntgen angesagt, zur Absicherung der Diagnose. Der Radiologe will mir lieber nicht die Hand geben. „Da haben Sie aber… das ist schon richtig…“, fängt er an, den Blick auf die Aufnahmen gerichtet. „… so richtig was zum Angeben?“ beende ich stolz seinen Satz, schon wieder hervorragend gelaunt. „Wenn Sie so wollen, ja“, antwortet er und lacht. Und der Spaß ist noch nicht vorbei. „Sie sollten dringend Sputum abgeben, um sicher zu gehen, dass das Antibiotikum anschlägt“, rät er. Das wird ja immer besser! Sputum abgeben, Auswurf also, so nah habe ich mich meinem Lieblingsdichter Thomas Bernhard noch nie gefühlt. Voller Elan gehe ich am nächsten Morgen zu meinem Hausarzt. Denn, zugegeben, abgesehen von den heiteren Arztbesuchen und dem Schreck in den Gesichtern von Freunden und Angehörigen, wenn man von der Diagnose erzählt, ist die Lungenentzündung im Alltag eher langweilig: Man liegt rum, fiebert und hustet, morgens Brocken, sonst meist trocken.
Die Arzthelferin reicht mir ein Röhrchen. „Hier bitte das Sputum sammeln. Holen Sie alles aus sich raus, aus der untersten Sohle“, sagt sie und macht eine erklärende Handbewegung, schaufelt Luft von der Bauchgegend nach oben. „Ich lass Sie auch ein bisschen allein.“ Herrlich. Wie bei Bernhard. Ich mache mich ans Werk. Aber noch etwas verbindet mich mit dem lungenkranken Dichter: Auf Befehl kann ich nicht. Ich röchele, zerre an meinen Bronchien, aber es kommt nix. Und jetzt? Müsste ich das Röhrchen mit meinem Samen füllen, gäbe es Hilfsmittelchen, nach denen ich fragen könnte, ein Magazin vielleicht, oder gar ein Video. Aber was bringt einen auf Touren, wenn die Auswurf-Spende zu scheitern droht? Im Wartezimmer habe ich den Focus rumliegen sehen, der könnte helfen. Die Zeitschrift bringt mich schließlich sonst auch zuverlässig dazu, Sekret abzusondern. Oder ich denke ein wenig an den Tatort letzte Woche, der mit dem Mord in der jüdischen Gemeinde? Da! Es kommt. Na also. Ich huste ein wenig herum und sammele das Ergebnis hoffnungsfroh erst im Mund, dann im Röhrchen. Aber: lächerlich! Nicht mal richtig grün, geschweige denn gelb ist der Auswurf. Ich weiß, dass ich das besser kann. Unzufrieden stampfe ich auf. Da klopft es aber auch schon, und die Arzthelferin steckt den Kopf durch die Tür. „Alles in Ordnung bei Ihnen? Kann ich die Probe mitnehmen?“ Ich stehe mitten im Raum, fühle mich irgendwie ertappt und reiche ihr verschämt das Röhrchen. „Es ist sehr wenig, ich konnte nicht…“, stammele ich. „Kein Problem. Das reicht locker“, sagt sie und verschwindet. Diesmal verlasse ich die Praxis nicht beschwingt, sondern enttäuscht. Es wird Zeit, dass ich wieder gesund werde!

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