Grönemeyer wird unter besonderer Berücksichtigung seines jüngsten Albums sein Repertoire runterdudeln und am Ende „Bochum“ bringen müssen, da es ansonsten zu BürgerInnenprotesten kommen wird. Am Ende muss immer „Bochum“ kommen. Grönemeyer weiß das und wird sich fügen, ganz egal wie sehr ihm persönlich der Song mittlerweile zum Hals raushängt. Aber vielleicht hat er im Mai ja selber Bock darauf. Ein Indiz dafür könnte sein, wenn er kurz zuvor alleine am Piano „Currywurst“ singt. Die Bochumer wissen das. Und bekannt sein dürfte auch, dass das Ganze eine Riesenparty werden wird. Ja, dass selbst die, die keine Karte bekommen haben, anreisen und zu Hunderten vor dem Stadion jeden Song mitsingen werden. All das ist wahr, gut und schön. Weniger schön ist allerdings der zweite Grönemeyer-Gig, der bereits am 10. November im Schauspielhaus stattfinden wird. Zu der äußerst intimen Show des Stadionrockers wird es nur personenbezogene Eintrittskarten geben, selbst Presseakkreditierungen erweisen sich als beinah unmöglich. Denn das exklusive Konzert vor nur 800 ZuschauernInnen ist den Club-Mitgliedern von Radio Hamburg vorbehalten. Und das mitten in Bochum! Was soll das?! Das ist so als würden die Bochumer MaischützInnen den Vatikan mieten und alle KatholikInnen von der päpstlichen Audienz ausschließen. Das kann doch nicht gutgehen! Noch ist es überraschend ruhig auf den Straßen und in den Foren. Doch es dürfte eine Frage von nur wenigen Tagen sein, bis die Fans den ersten Schock überwunden haben und ihrem Unmut Luft machen werden. „Grrrh! Wir haben die Nase voll von eurer ausgrenzenden Elitekultur“, werden sie skandieren und anprangern, dass ausgerechnet ihr Herbert da mit reingezogen wird. Und dann ausgerechnet wieder das Schauspielhaus Bochum! Es ist erst wenige Wochen her, dass dort die als Podiumsdiskussion getarnte Kapitalismus-Promotion-Show von Ackermann und Stoiber verhindert werden konnte. Fürchterliche Wochen stehen der Stadt bevor. Enttäuschte Fans werden sich von Grönemeyer abwenden und einmal mehr wird die gesellschaftliche Relevanz des Schauspielhauses in Frage gestellt und das alles wegen eines Radiosenders aus Hamburg. Die Endlosdiskussionen, die sich auf den Blogs entladen werden, sind leicht vorstellbar. Die einen werden die ganze Aufregung nicht verstehen und versuchen, die Angelegenheit als einen Akt der Entscheidungsfreiheit zu feiern. Die anderen werden zu WutbürgerInnen mutieren. Letztendlich werden sich die Gräben vertiefen, und auch das Ansehen von Künstler und Spielstätte wird leiden. Daher ein Vorschlag zur Güte: Liebes Radio Hamburg, bitte verlegt die Show nach London. Herbert müsste nicht erst die Koffer packen und vor der Show könnten alle Club-Mitglieder noch einen Abstecher zu Madame Tussauds machen. Hier gibt es eh nichts zu sehen. Die meisten Leute haben kein Geld und sind ständig besoffen. Die Sache mit der Universitätsstadt ist ein Schwindel, wir leiden unter einer Rattenplage und das bisschen Kultur kann man sich auch auf YouTube ansehen. Nicht umsonst hat Grönemeyer diese Stadt verlassen. Hier, tief im Westen, wo die Sonne verstaubt, sind uns Erinnerungen heilig.
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