Viele wissenschaftliche Mitarbeiter_innen müssen nicht nur aufgrund dauerhaft befristeter Verträge in unsteten Verhältnissen arbeiten. Einige wechseln dabei zwischen verschiedenen Beschäftigungsformen hin und her, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Die meisten beginnen als studentische Hilfskräfte, dann haben einige die Möglichkeit auf ein Stipendium, wofür sie etwa 1.000 Euro im Monat erhalten. Wenn sie Glück haben, können sie danach als wissenschaftliche Mitarbeiter_innen beginnen. Fast alle werden befristet angestellt. Im Wissenschaftsbetrieb kommen jedoch besondere Schwierigkeiten hinzu: Mit Ende 20 oder Anfang 30 beginnen die meisten Studierenden mit ihrer Promotion. Bis der Titel einmal erreicht ist, kann man bis zu sechs Jahre befristet angestellt sein. Nach der Promotion ist es erlaubt, weitere sechs Jahre befristet als zu arbeiten. Somit müssen einige wissenschaftliche Beschäftigte zwölf Jahre lang um ihre Stelle bangen, teilweise alle sechs Monate aufs Neue. „Eine zeitlang wurden Verträge sogar nur auf drei Monate befristet“, kritisiert Michael Jost, Personalratsvorsitzender der wissenschaftlich Beschäftigten an der Ruhr-Uni. „Wir kämpfen seit Jahren dafür, dass es zumindest Jahresverträge gibt.“
Kritik unerwünscht
Wirklich wehren können sich diese Mitarbeiter_innen nicht. Egal, ob sie gegen Überstunden vorgehen wollen, oder auch wissenschaftlich anderer Meinung sind, als Angestellte in derart fragilen Arbeitsverhältnissen haben sie mit Kritik kaum eine Chance. Denn die Professor_innen sind nicht nur Arbeitgeber_innen, sondern zudem häufig diejenigen, die über die Bewertung der Doktorarbeit entscheiden. Viele schweigen aus Furcht vor einer schlechten Promotionsnote, oder weil sie Angst haben, anschließend überhaupt keinen Job zu bekommen. „Manchmal kommt sogar ein so brutaler Spruch, wie: ‚Ich zerstöre Ihre Karriere‘“, sagt Michael Jost. „Leider wurde bisher nur die wissenschaftliche Freiheit von Professoren höchstrichterlich bestätigt“, so Jost weiter. Die meisten Mitarbeiter_innen werden mit einer halben Stelle (knapp 20 Stunden in der Woche) angestellt und bezahlt. Jedoch müssen sie häufig 40, 50 oder sogar 60 Stunden in der Woche arbeiten. „Ich nenne das nur noch Ausbeutung“, so Jost.
Hilfskräfte unerfasst
Bei den studentischen Hilfskräften könnten die Verhältnisse ähnlich aussehen. Genaue Zahlen hierzu gibt es bislang nicht. Ein Grund dafür ist eben auch, dass den wissenschaftlichen Hilfskräften noch immer eine aktive Interessensvertretung fehlt. „Die doppelte Rolle als Student_in und Angestellte_r bleibt das größte Problem“, so Oliver Hein, AStA-Referent für Hochschulpolitik und Mitinitiator der Initiative für studentische Hilfskrätfe (SHK). „Wir wollen nun die Initiative aufbauen und uns auf Landesebene für eine offizielle Interessenvetretung für SHKs einsetzen.“ Bisher hat sich im Wissenschaftsministerium niemand für die Arbeitsverhältnisse der wissenschaftlichen Beschäftigten interessiert. „Uns wurde gesagt, dass niemand einen Regelungsbedarf sieht“, sagt Jost. Ob dies bei studentischen Hilfskräften anders sein wird, bleibt abzuwarten.
Interessensvertretung fehlt
„Ein großes Problem ist die mangelnde Solidarität zwischen den Beschäftigten, viele werden geradezu zu Einzelkämpfer_innen gedrillt“, sagt Jost. Aus studentischer Sicht sind die Arbeitsverhältnisse gar nicht bekannt. „Wir planen als erstes eine Informationsoffensive“, so der AStA-Referent für Hochschulpolitik Oliver Hein. Bevor eine Interessenvertretung für studentische Hilfskräfte geschaffen wird, sieht sich der AStA als erster Ansprechpartner für die studentischen Hilfskräfte. Sowohl bei konkretren Problemen als auch, um weitere Informationen zu erhalten, können sich Betroffene oder Interessierte im AStA-Referat für Hochschulpolitik melden. „Eine enge Zusammenarbeit zwischen Studierendenvertretung und Personalvertretung kann für eine Verbesserung der Verhältnisse ein erster wichtiger Schritt sein“, sagen Michael Jost und Oliver Hein.
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