Unsere Köpfe sind ohnehin voller Bier. Gerade saßen wir noch in einer Kneipe in der Altstadt, um uns von Kisten und Ikea zu erholen. Kaum hatten wir die erste Runde hinter uns, standen schon neue Flaschen vor uns, die wir nicht bestellt haben. Der Spender schien der schweigsame, dunkel gekleidete Mann zu sein, der mit an unserem Tisch saß. Als wir uns revanchieren wollen, lehnt er ab. Das ginge aufs Haus, behauptet er, obwohl wir alle genau gesehen haben, wie er bezahlt. Noch bevor wir ausgetrunken haben, ordert er noch mehr Bier für uns, und dann immer so weiter. Das Gebräu trägt noch dazu den wundersamen Namen „Dachsenfranz Kellerbier“. An Gesprächen ist der edle Spender offenbar nicht interessiert. Langsam werden wir misstrauisch. Immerhin sind wir hier in der Hauptstadt des deutschen Verbindungswesens. Burschenschaftler überall. „Obacht, der will euch keilen!“, warnt ein Freund launig per sms. Unser mysteriöser Bier-Mäzen trägt aber weder Band noch Bierzipfel. Vielleicht will er uns betrunken machen, shanghaien und im Verbindungshaus zum Fechten zwingen, oder zu Schlimmerem? Wer weiß schon, was in den Leuten hier vorgeht? Man darf ja auch nach elf Uhr kein Bier mehr auf der Straße trinken. Und aus dem „s“ in „was“ machen sie kein „t“, sondern ein „sch“. Diesen Menschen ist folglich alles zuzutrauen. Wir tauschen ein paar Blicke, trinken hastig aus und verschwinden, bevor er eine neue Runde Dachsenfranz bestellen kann.
Wenn sich alles um mich herum verändert, neige ich gelegentlich dazu, schwer fassbaren Kleinigkeiten wie dem Fiege-Etikett in Heidelberg-Schlierbach und rätselhaften Begegnungen einen gewissen Symbolwert anzudichten. Albern, ich weiß. Herrje, was bin ich sentimental. Till muss sich nun an der Uni in diesem Touristenkaff am Neckar rumschlagen, eine Promotionsstelle im Exzellenzcluster, wie das schon klingt. Meinen anderen Mitbewohner habe ich neulich rausgeworfen, spielte er doch eine ungute Rolle im Schlusskapitel eines ganz persönlichen Lebensabschnittes, der ebenfalls zu Ende gegangen ist. Ich bin plötzlich ziemlich allein. In das Mädchen, dessen Hände immer dreckig sind, darf ich mich nämlich nicht verlieben, das haben wir so abgemacht, und ich nehme mir schließlich schon seit Jahren vor, mal ein bisschen zuverlässiger zu werden. Jetzt ist eine gute Gelegenheit dazu. Das oberste Dokument in meinem Ordner „Uni“ ist die Exmatrikulationsbescheinigung der Ruhr-Universität. Dies ist meine letzte Kolumne als bsz-Redakteur. Weiter geht’s.
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