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Die Idee der fortlaufenden Dokumentation hatte Matthias Thome bereits vor drei Jahren. Damals war er AStA-Kulturreferent und fotografierte Graffiti in der Ein- und Ausfahrt der Uni. „Die Archivierung der Graffiti soll als Chance gesehen werden, diese vielfältige Kunst populärer zu machen“, erklärt er das Projekt, das er damals im AStA ins Leben rief. Nun wird es im  Optionalbereich und in Kooperation mit dem AKAFÖ-Kulturbüro boSKop und der Stadt Bochum fortgesetzt. Drei Studierende arbeiten an der Archivierung der Graffiti und machen dabei auch viele alte Fotografien im Internet zugänglich.

Hall of Fame

Für die Street Art Szene spielt die Bochumer Uni eine besondere Rolle. Die so genannte „Hall of Fame“, wie die zentrale Ein- und Ausfahrt Uni-Mitte mit ihren 2000 Quadratmetern genannt wird, ist überregional bekannt und zieht regelmäßig Sprayer_innen an, auch aus dem benachbarten Ausland. Hier treffen sich Künstler_innen, um alleine oder gemeinsam an Bildern zu arbeiten. Nicht selten entstehen so Gesamtkunstwerke, die über Hunderte von Metern reichen. Die Beliebtheit des Tunnels ist damit zu erklären, dass er Tag und Nacht beleuchtet ist und bei Wind und Wetter benutzt werden kann.
Die Einfahrt zur Ruhr-Uni ist damit die wohl bekannteste ‚Freifläche‘ in Bochum. Mit diesem Begriff bezeichnet die Stadt die ausgewählten Wände, auf denen sie das Sprayen offiziell erlaubt. Die Forderung nach Raum in dieser Form kam von den Sprayer_innen selbst. Es ging ihnen darum, dass ihre Kreativität nicht kriminalisiert wird. Nachdem immer wieder Sprayer_innen erwischt und auch verhaftet wurden, sollte sich etwas ändern.
Im Winter 1998/1999 erklärte sich das Bochumer Jugendamt bereit, einen Pilotversuch für das legale Sprühen mitzutragen. So kam es zu einem ersten kleinen Contest an der Außenwand einer privaten Discothek, mit Geldpreis und einer bekannten Jury. Anschließend wurde die Lizenz zum Sprühen an einem abgelegenen Tunnel erprobt. Weil der Platz längst nicht reichte, forderten die Künstler_innen weitere Freiflächen, und Politiker_innen sowie Verwaltung ein Gesamtkonzept. Es wurde diskutiert und argumentiert. Das Ergebnis: Seit 2001 gibt es eine Liste mit 18 Flächen, die zu Tages- und Nachtzeiten genutzt werden dürfen, hinzu kommen noch „Aktionsflächen“ für einmalige Veranstaltungen.

Veränderungen

Für die Bochumer Sprayer-Szene gab es in letzter Zeit Veränderungen. Vor knapp zwei Monaten hat der bekannte Bochumer Dosenladen House of Paint endgültig geschlossen. Bis dahin war er nicht nur eine zentrale Anlaufstelle, sondern auch der Ort, wo die Genehmigungen für das legale Sprühen in der Unterführung an der Hermannshöhe vergeben wurden. Diese Lücke füllt jetzt die Chrom Galerie für Gegenwartskunst, die bereits Ende des vergangenen Jahres in der Ehrenfeldstraße eröffnete. In der Galerie präsentiert und verkauft Inhaber Marcus Welt einen Genre-Mix aus Street Art, Lowbrow, Illustration und Fotografie. Der Laden selbst sei gut aufgenommen worden und auch von den Sprayer_innen akzeptiert, sagt Welt. Aber: „Bisher hat erst eine Gruppe von Künstlern die Lizenz für den Hermannshöhe-Tunnel eingeholt. Sonst war deswegen noch niemand hier.“ Vermutlich sei die Information noch nicht vollständig verbreitet, was die geringe Nachfrage erklären würde.

Contest hier, Contest da

Auch abseits von der Lizenzvergabe engagiert sich die Chrom Galerie in der Street Art Szene. In Marcus Welts Galerie findet bald der zweite Bochumer Art Slam statt: Eine Art von Contest, bei dem zwei Künstler_innen live vor Publikum gegeneinander antreten. Sie malen auf Leinwänden, über das Thema wird erst am Abend selbst entschieden, und zwar gemeinsam mit den Zuschauer_innen. Musik begleitet das Programm und das Publikum kann mit den Künstler_innen interagieren. Bereits den ersten Contest mit etwa 270 Besucher_innen haben Veranstalter_innen und Beteiligte als vollen Erfolg verbucht.
An der Ruhr-Uni sind ebenfalls weitere Graffiti-Projekte geplant. „Der AStA will die Kunstform fördern und das AusländerInnenzentrum hinter dem Kulturcafé durch ein Graffiti verschönern lassen“, sagt Matthias Thome. „Auf die große Wand neben der Bar und an die Säule sollen Bilder gesprayt werden.“ Dazu wird man einen Wettbewerb ausschreiben. Materialien werden gestellt, und natürlich gibt es auch einen Preis.

www.rub.de/graffiti

31.Oktober 2011 2. Bochumer Art Slam in der Galerie Chrom bei Marcus Welt

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