Bild:

„Hagens Klage ist in mehrerer Hinsicht typisch für unsere Nibelungen“, sagt Rottstraße-Intendant Arne Nobel. Der Text (Carsten Marc Pfeffer, Hans Dreher) ist komplett neu, die Musik (Boris Babic) eine aufwändige Bearbeitung von Wagner-Passagen für eine Metal-Besetzung. Wie bei den anderen Teilen geht es auch bei Hagens Klage um eine neue Perspektive auf alte Heldenfiguren. Nobel fasst das so: „Wie sind die eigentlich, wenn keiner über sie singt?“ Hagens Klage liefert zum Beispiel eine ganz neue Erklärung für Hagens Mord an Siegfried. Denn im Stück ist Siegfried nicht einfach der größte Held aller Zeiten, sondern mutiert nach seinem Bad im Drachenblut selbst zum bösen Lindwurm. Niemand außer Hagen (Felix Lampert) erkennt das – und ob Hagen damit richtig liegt, spielt keine Rolle. Jedenfalls sieht der Kämpfer keinen anderen Ausweg, als den Drachen-Siegfried zu töten, denn: „Das ist kein Mensch mehr!“
In Hagens Klage geschieht also genau das, was in der Rottstraße zum Konzept geworden ist: „Wir wollen Mythen nicht abbilden, sondern interpretieren“, sagt Arne Nobel beim Mittagsbier am Tag nach der Premiere. „Und wenn es solche Texte nicht gibt, dann schreiben wir sie uns eben selber.“
Ein Hang zum Pathos und zu starken Bildern ist dabei stets zu erkennen. Hagens Klage spielt im Fackelschein – nackte Haut, Leder und martialische Gesten illustrieren passend, aber wenig überraschend die Geschichte von Kampf, Heldentum und Wahn. Testosteron-Theater sei das, sagen manche, zu dick aufgetragen. Leidenschaft und gute Unterhaltung, sagen die anderen.  

Nur Uraufführungen

Vier Premieren folgen in diesem Herbst noch in der Reihe – allesamt Uraufführungen. Am Ende wird der Bochumer Ring der Nibelungen elf Teile haben, die im Dezember alle in einer Woche gespielt werden. Bereits am 16. September feiert Loges Plan (von Honke Rambow, auch Presssprecher des Theaters), Premiere. Mit Alexander Ritter ist dann ein Schauspieler dabei, der gerade zum besten Nachwuchsdarsteller in NRW gekürt wurde. Im Oktober kommt die nächste Folge: Volkers Lied. Den Text hat der Bochumer Autor und Kulturjournalist im Ruhestand Werner Streletz geschrieben. Jeden Monat eine Premiere – ist das nicht etwas viel? Nein, findet Arne Nobel. „Im Jahr davor haben wir die Troja-Trilogie gemacht. Das war groß. Danach wollten wir nicht etwa weniger, sondern mehr, noch größer.“ Auch die Zahl der Mitwirkenden hat sich im Laufe des letzten Jahres erhöht. „Am Anfang haben Hans Dreher und ich fast alles allein gemacht. Inzwischen gibt es viel mehr Leute, die inszenieren, darstellen, mitmachen wollen.“ Und das sei auch gut so, sagt Nobel: „Die Rottstraße ist ein Spielplatz, und jeder kann seine Bauklötzchen mitbringen.“

Kein Geld? Nicht nölen!

Trotz aller Leidenschaft: Dass die Nibelungen-Reihe überhaupt in dieser Form stattfinden kann, liegt an der finanziellen Förderung durch die Sparkasse Bochum. Die klamme Stadt hat diesen Umweg gefunden, um dem Off-Theater mit den euphorischen Kritiken landauf landab trotz Haushaltssperre unter die Arme zu greifen. Inzwischen ist man nämlich stolz auf das Theater an der Rottstraße: „Die Stadt schmückt sich gerne mit uns“, so Nobel. Das war auch schon im Kulturhauptstadtjahr so. Das Theater ist etabliert – ob es im nächsten Jahr wieder eine Förderung geben wird, ist aber trotzdem noch völlig unklar. „Es wird wieder spitz auf Knopf“. Sorgen macht er sich darüber schon. Aber als Intendant des Pathos-Gewölbes hat Nobel seine eigene Philosophie, wie mit solchen Problemen umzugehen sei: „Die Aufgabe eines Künstlers ist es, kreativ zu sein. Er soll weder dauernd Geld suchen noch ständig meckern, wenn er keins findet. Es gibt immer eine Lösung.“

Mythen in der Rottstraße
11. September: Der Troja-Triathlon. Zum zehnten Jahrestag des Anschlags auf das World Trade Center zeigt die Rottstraße alle drei Teile von Troja an einem Abend.

16. September: Uraufführung von Loges Plan, Teil 8 der Nibelungen-Reihe.

17. September: Hagens Klage.

0 comments

You must be logged in to post a comment.