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Es gibt wohl kaum ein Thema, das die kritische Netz-Gemeinde mehr aufhorchen lässt, als der Vorstoß von Google in immer neue gesellschaftliche und private Bereiche. Google Mail, Google Health, Google Street-View – kaum eine Sphäre bleibt unberührt von der „Datenkrake“, wie KritikerInnen es gerne formulieren. Teile der Netzgemeinde sehen in dem neuen Engagement jetzt einen Versuch, Wege zur Beseitigung der Netzneutralität zu erforschen. Dadurch, so der Vorwurf, ließen sich für Unternehmen wie Google milliardenschwere Geschäftsbereiche erschließen. „Das Kapital“, so kritische Stimmen, zwinge das Internet in die Knie und passe es seinen Interessen an. Andere Stimmen hingegen weisen darauf hin, dass Google hier nur die Versäumnisse staatlicher Forschungsförderung zu kompensieren versucht.

Wie unabhängig kann eine solche Institution mit einem so mächtigen Geldgeber überhaupt arbeiten? Die Beteiligten erklären, dass man Vorkehrungen für eine „strukturelle Unabhängigkeit“ des Instituts getroffen habe: Forschung und Finanzierung sollen demnach getrennt voneinander agieren. Neben dem Institut selbst als unabhängige Forschungsgesellschaft, soll eine „Fördergesellschaft“ zur Gewährleistung der Finanzierung entstehen. Zudem soll ein wissenschaftlicher Beirat die Forschungsarbeiten kritisch begleiten. Google habe keine Befugnis, Forschungsergebnisse gegebenenfalls zurückzuhalten, sagte die Präsidentin des an dem Projekt beteiligten Wissenschaftszentrums Berlin (WZB), Jutta Almedinger, der Presse. Eine der  künftigen LeiterInnen, Jeanette Hofmann, wies gegenüber der taz auf die fehlenden finanziellen Mittel hin, welche eine derartige Forschung ohne Konzernförderung verunmöglichen würde. Zudem sei der interdisziplinäre Ansatz, welcher unter anderem auch auf juristische Fragen eingehen soll, ein Gewinn für die Internet-Forschung. Diese sei auf rein sozialwissenschaftlicher Basis so nicht zu leisten.

Vorbild „Berkman-Center“

Als Vorbild dürfte das „Berkman Center for Internet and Society“ an der Harvard-Universität dienen. Das mit einer privaten Finanzspritze von 5,4 Millionen Dollar im Jahre 1997 ins Leben gerufene Institut hat seinen Sitz ebenfalls an der juristischen Fakultät. In seiner Selbstbeschreibung finden sich fast deckungsgleiche Formulierungen über die Motivation und den wissenschaftlichen Anspruch der Forschungsarbeit. Das Center finanziert sich über Spenden von Stiftungen, Unternehmen, internationalen Organisationen und staatlichen Mitteln. Eine vollständige Unabhängigkeit scheint vor diesem Hintergrund ebenfalls fragwürdig.

Privat vor Staat?

Dass ein Institut zur Erforschung des Internets überfällig ist, darin ist sich die Netzgemeinde einig. Doch es scheint der Privatwirtschaft zu obliegen, sich dem nicht gerade randständigen Themenbereich auch akademisch anzunehmen. Dies erscheint vor allem vor dem Hintergrund politischer Forderungen nach Vermittlung von Netzkompetenz an Schulen paradox. Das zeige, so KritikerInnen, wie stiefmütterlich das Thema von der Politik immer noch behandelt werde. Es sei aber auch Ausdruck einer allgemeinen Privatisierungstendenz im wissenschaftlichen Betrieb, worunter die akademische Unabhängigkeit extrem leide. So oder so – an dem Quasi-Monopolisten Google (Marktanteil unter den Suchmaschinen: 80Prozent) wird man auf Dauer im Netz wie im realen Leben nicht vorbeikommen- allein, eine angemessene Reaktion darauf ist geboten.

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