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Der geheim tagende Bundessicherheitsrat beschließt jährlich über 10.000 genehmigungspflichtige Rüstungsexporte. Ihm gehören die Kanzlerin, der Chef des Kanzleramtes, der Außenminister, der Verteidigungsminister, der Innenminister, die Justizministerin, der Wirtschaftsminister und seit 1998 auch der Entwicklungsminister an. Da dieser Rat nicht der parlamentarischen Kontrolle unterliegt, gerät von den Beratungen fast nie etwas an die Öffentlichkeit. Bis 1998 wurde nicht einmal ein nachträglicher Bericht vorgelegt.

„Die Beachtung der Menschenrechte ist für jede Exportentscheidung von hervorgehobener Bedeutung, unabhängig davon, um welches mögliche Empfängerland es sich handelt. So werden Rüstungsexporte grundsätzlich nicht genehmigt, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass das betreffende Rüstungsgut zur internen Repression oder zu sonstigen fortdauernden und systematischen Menschenrechtsverletzungen missbraucht wird“, so heißt es in den im Jahr 2000 beschlossenen Grundsätzen für den Waffenhandel. Das erste Mal, dass ein Beschluss des Bundessicherheitsrats für Aufregung sorgte, war im Jahr 1991, als 36 Panzer an Saudi-Arabien geliefert wurden. Später stellte sich heraus, dass der damalige deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble für dieses Waffengeschäft von einem Waffenlobbyisten 100.000 DM für die CDU-Parteikasse erhalten hat. Danach wurden auch Waffen nach Taiwan, in die Türkei, nach Israel, in den Irak, in die Vereinigten Arabischen Emirate, nach Katar und immer wieder nach Saudi-Arabien geliefert. Lieferungen an EU-Mitgliedsländer benötigen nur der Genehmigung durch das Wirtschaftsministerium. Nach den USA und Russland hat Deutschland mittlerweile mit elf Prozent des weltweiten Gesamtwaffenexports den dritten Platz erreicht. Seit 2005 haben sich die deutschen Ausfuhren mehr als verdoppelt. Aber auch andere Mittel, die nicht direkt als Waffen deklariert sind, können verheerendes anrichten. So lieferte Deutschland in den frühen 1980er Jahren Chemikalien an den Irak. Dieser nutze das Material, um daraus C-Waffen herzustellen und den Iran anzugreifen.

Stabilität über alles

Erklärtes Ziel der Rüstungsexporte ist für die Bundesregierung die „Stabilität“ der Welt – wodurch sich auch die Unterstützung von scheinbar stabilen autoritären Regimen erklärt. Menschenrechte spielen dagegen kaum eine Rolle. Obwohl die Regularien eigentlich anderes vorsehen, schaffen es die deutschen Unternehmen auch, in Krisenregionen Waffen zu liefern. Beispielsweise versorgt Deutschland sowohl Indien als auch Pakistan mit Panzern und Kampfflugzeugen, bis vergangenes Jahr auch Libyen mit Rüstungsgütern aus Deutschland. Logischerweise musste auch Israel unterstützt werden, damit kein „Ungleichgewicht“ entsteht. Demokratisch Verhältnisse spielen bei den Entscheidungen der Bundesregierung ebenfalls keine Rolle. Weder in Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Katar noch in Libyen hat in letzter Zeit eine demokratische Wahl stattgefunden. Diese Diktaturen unterdrücken ihre Bevölkerungen und schlagen – im Falle Saudi-Arabiens – sogar in Nachbarländern Demokratiebewegungen nieder. Somit spielte Deutschland im sogenannten Arabischen Frühling eine ebenfalls fatale Rolle.

„Rüstungsexporte verbieten“

Die Deutsche Friedensgesellschaft fordert dagegen den Stopp aller Rüstungsexporte: „Zukünftig soll im Grundgesetz festgeschrieben werden, dass Kriegswaffen und Rüstungsgüter grundsätzlich nicht exportiert werden.“ Natürlich würde so eine Grundgesetzesänderung die Nato-Partner_innen verärgern. Ebenfalls könnten die EU-Handelsverträge Schwierigkeiten bereiten. Ohne Probleme könnte die Bundesrepublik jedoch sofort jeglichen Waffenexport außerhalb von EU und der Nato verbieten. Doch da gäbe es noch eine große Gegnerin: Die deutsche Wirtschaft. Allein das jetzt heiß diskutierte Geschäft mit Saudi-Arabien soll über 1,7 Milliarden Euro wert sein. Die Deutsche Friedensgesellschaft fordert anlässlich dieses Problems: „Die hoch gefährliche Rüstungsindustrie muss verstaatlicht und gezielt auf die Produktion nützlicher ziviler Güter umgestellt werden (Konversion).“


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