„Ich suche den Zauber im Kleinen“, bekennt Jules Piel, eine der AutorInnen, die am Mittwoch mit dabei sein wird. „Zu Treibgut kam ich durch einen Kommilitonen, der ab und an bei Treibgut liest und mir auf dem Erstsemester-Grillfest der Kunstgeschichtler davon erzählte.“ So wie der RUB-Studentin Jules ging es bereits vielen Nachwuchstalenten. Auch ein Jahr vor ihrem zehnjährigen Jubiläum hat die Initiative nichts von ihrer Attraktivität verloren. Besonders geschätzt wird die angenehme Atmosphäre der Veranstaltungen. „Mir gefiel, dass es kein stressiger Poetry-Slam ist, sondern so frei und offen“, so Jules. Dafür steht Treibgut: Im Gegensatz zu den Poetry-Slams geht es nicht darum, die PoetInnen einer bierseligen Masse auszuliefern, um die Umsätze der veranstaltenden Kneipe zu steigern. Hier kümmert man sich. Denn die Initiative hat weitaus mehr zu bieten als nur eine Plattform. Berüchtigt sind die sogenannten Kreativtreffen, bei denen die Gruppenmitglieder ihre neuen Texte vorstellen und besprechen. Es geht das Gerücht, dass der Bestsellerautor Oliver Uschmann, einst Gründungsmitglied der Initiative, auf einem dieser Treffen seine legendäre Figur Hartmut entwickelt hätte. Uschmann hat die Gruppe schon seit längerem verlassen, doch Treibgut-Urgestein Uli Schröder hält immer noch die Stellung. Heute blickt er zurück auf neun erfolgreiche Jahre Kulturarbeit.
Spuren am Strand
„Das waren schon tolle Zeiten“, erinnert sich der Nestor der Nachwuchsliteratur. Ziel sei es von Anfang an gewesen, die Lücke zwischen etablierter junger Literatur und noch weniger bekannten Jungautoren zu schließen. Kein allzu leichtes Unterfangen. Erster Höhepunkt dieser Bemühungen war 2004 die Lesung mit dem damals in Bochum sehr bekannten Autor Frank Goosen. Schlangestehen vor dem Kulturcafé: Mit dreihundert Gästen war der Laden restlos ausverkauft. Fortan bemühte sich die Initiative, auch campusferne Orte zu bespielen; sei es die Riff-Halle oder die Stadtbücherei Bochum – Treibgut gewann an Präsenz. Auch publizistisch wurde die Initiative aktiv. 2007 erschien mit „Treibgut. 42 Spuren am Strand“ eine beachtenswerte Anthologie mit Texten von 42 TreibgutautorInnen und Gästen, von denen Björn Kern, Jörg Albrecht und Martin Becker im selben Jahr für den Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Preis nominiert waren und damit für einen der wichtigsten Literaturpreise im deutschsprachigen Raum. Treibgut war schon immer nah am Puls des Literaturbetriebes – viele AutorInnen haben hier ihr Rüstzeug für den weiteren Weg erhalten. Einige von ihnen liegen bereits in der Buchhandlung.
Schwitzen und lesen
Ja, viele Geschichten gibt es zu erzählen. Die spektakulärste Treibgut-Lesung fand 2005 zum Thema Klimawandel im Foyer des Tropenhauses des Botanischen Gartens der RUB im Hochsommer bei brütender Hitze statt. Zu Gast waren an jenem Abend der Bochumer Fluxus-Künstler und Autor Matthias Schamp sowie der Musiker Volker Wendland (Die Kassierer). „Wir schwitzten und schwitzten und lasen und lasen“, erinnert sich Uli, dessen Literaturbegeisterung nach wie vor ungebrochen ist, wie ein Mausklick auf seinen fulminanten Blog „Ruhrpiranhas – Metropolensatire“ beweist. Am Mittwoch wird er seine Satire über die „Zurück.Partei“ auf die Bühne bringen. Die eingeschriebene Explosionsgefahr bestimmt die Dramaturgie der Auflösung. Das dabei verzeichnete Lokalkolorit bürgt für Authentizität und weist gleichsam weit über die Regionalität hinaus. Schröder freut sich drauf.
Auch Jules Piel kann es kaum erwarten. Sie wird am Mittwoch dem Publikum eine gefühlsbetonte Kurzgeschichte mit dem Titel „Regen“ vorstellen. Trotz des trübseligen Titels ist die junge Autorin zuversichtlich: „Ich erwarte Freude und elektrisierende Momente zwischen allen Anwesenden.“ Soviel darf garantiert werden.
Gestrandet 29 – Kritische Massen
Mittwoch, 25. Mai, 20 Uhr
Kulturcafé, Ruhr-Universität
Eintritt: 1 Euro
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