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In einem Interview mit dem Rheinländischen Nazi-Kader Axel Reitz, das vorige Woche auf YouTube veröffentlich wurde, klagt ein etwas unsicher wirkender junger Mann, der mit bürgerlichem Namen Julian F. heißt, über seine Erfahrungen in linken Gruppen: Die Linken seien alle Feiglinge, weil sie sich nicht mit Nazis und „kriminellen Ausländern“ prügeln. Außerdem gebe es in der linken Szene keinen Zusammenhalt. In der Tat hatte Makss Damage es dort zuletzt schwer. Mit Stalin-Kult, Antiamerikanismus und Israelhass („Ich leite Giftgas lyrisch in Siedlungen die jüdisch sind […] ich fühle nur hate“) konnte er nur anfangs bei einigen Gruppen punkten. Die Jugendorganisation der „Deutschen Kommunistischen Partei“ wollte im Sommer 2009 mit einem Auftritt des Musikers Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu einem Sommerlager locken. Kurz darauf kündigte eine linke Jugendgruppe in Berlin einen weiteren Konzertauftritt an, lud den von anderen linken Gruppen heftig kritisierten Rapper nach Protesten aber wieder aus.

Neue rechte Heimat

Nach dieser Zurückweisung hat sich Makss Damage offenbar neu orientiert: Im Januar nahm er an einer Nazi-Demonstration in Wuppertal teil und freut sich im Interview über die tolle „freundschaftliche Verbindung zwischen den Leuten“, die er dort erlebt habe. Die Demonstration sei „wie eine Faust nach vorne“ gegangen. Ein paar Tage später taucht ein neuer Song auf YouTube auf. Der Wandel vom Stalinisten zum Nazi ist offenbar vorbereitet und soll medial inszeniert werden. Statt stalintreuen Kommunisten gibt es nun rechten Historienkitsch mit wackeren Germanen, die Römer mit der Streitaxt erschlagen – der Gewalt- und Vernichtungsgestus ist aber derselbe.

Alles nur Spaß?

Die Geschichte des Stalin-Rappers wirkt grotesk. In Internetforen diskutierten Hip-Hop-Fans, ob es sich dabei gar um eine gut inszenierte Parodie handeln könnte. Rap-Forscher Martin Seeliger von der Ruhr-Universität glaubt das nicht: „Das sind in erster Linie politische Statements, die popkulturell umgesetzt werden und sehr überzeichnet sind. Dahinter steckt aber ein kohärentes Weltbild: Bestimmte Leute werden für gesellschaftliche Missstände haftbar gemacht.“ Mit seinen Feindbildern war Makss Damage dabei immer schon nazikompatibel: Tiraden gegen Amerikanerinnen und Amerikaner, Jüdinnen und Juden sowie den Staat Israel und seine Bürgerinnen und Bürger kommen dort ebenso gut an wie die gewaltaffine Sprache, die bis hin zu Mordaufrufen reicht.

Die Bewertung des Gewaltaspekts ist im Rap allerdings nicht so eindeutig. „Im Gangsta-Rap kommt viel Gewalt vor. Nicht alles was da gesagt wird soll aber auch umgesetzt werden.“ Was dort noch Bestandteil der Subkultur ist, der im „Beef“, der verbalen Auseinandersetzung mit anderen Rappern, seinen Platz hat, kann in anderen Kontexten eine ganz andere Bedeutung haben. In rechter Musik taucht Gewalt als Gewalt gegen Minderheiten und politische Gegner auf. Wenn Nazi-Bands zum Stürmen von Ausländerunterkünften aufrufen, ist das etwas anderes, als wenn Kool Savas auf Viva und MTV gegen Eko Fresh wettert.

Einmalig drastisch

Dabei gab und gibt es im politischen Rap auch immer personalisierte und gewaltaffine Aussagen. Die Pioniere des deutschsprachigen Polit-Raps, Anarchist Academy, sangen mit „Knall sie ab!“ gegen Nazis an und Holger Burner aus Hamburg bläst aktuell in „Renn Yuppie, renn!“ zur Jagd auf wohlhabende Hamburger Neubürgerinnen und Neubürger. Mit Makss Damage sei das aber nicht vergleichbar, sagt Seeliger, „seine Texte sind wesentlich drastischer und der Bezug zur übergeordneten Ideologie ist viel stärker und dogmatischer. In dieser Hinsicht ist er einzigartig.“

Orientierungslos

Einzigartig ist er auch in anderer Hinsicht. Während die Versuche der extremen Rechten, Jugendliche aus der Hip-Hop-Subkultur anzusprechen, bisher eher unbeholfen waren, könnte sich das mit dem neuen Mitstreiter nun ändern. „Makss Damage spricht die subkulturellen Codes – und er ist technisch gesehen durchaus ein guter Rapper“, so Seeliger. „Auch wenn die Inszenierung und die Inhalte für Erwachsene eher abschreckend wirken, könnten junge Leute sich möglicherweise angesprochen fühlen. Wenn man grade erst dabei ist sich zu orientieren, ist es denkbar dass auch solch radikale Statements als Normalität wahrgenommen und akzeptiert werden.“

Ob für den Rap-Agitator Julian F. mit dem Anschluss an die Nazi-Bewegung seine politische Orientierungsphase abgeschlossen ist, bleibt offen. Vielleicht verbirgt sich hinter dem radikalen Gehabe von Makss Damage auch nur die Suche eines wütenden jungen Mannes nach Heimat und „freundschaftlichen Verbindungen“. Ob die Naziszene dafür der richtige Ort ist, wird er wohl demnächst herausfinden.

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