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Das vieldiskutierte Werk namens „Petra“ zeigt eine Polizistin in voller Montur, die gerade in der Hocke ihre Notdurft verrichtet. Der Schambereich ist dabei naturgetreu entblößt. Die Figur aus Silikon und Stahl sieht einem echten Menschen zum Verwechseln ähnlich. Bis auf die Pistole ist sie auch mit vollständiger Originalausrüstung bekleidet. DemogängerInnen erkennen an Schutzhelm, Jacke und Beinschienen die klassische Körperschutzausstattung für die modebewusste Staatsgewalt. Ursprünglich verfügte die Skulptur über einen Spritzmechanismus, der dafür sorgte, dass von Zeit zu Zeit Wasser über den Boden läuft. Mittlerweile hat der Künstler diesen jedoch abgeschaltet und eine kleine gelbliche Pfütze aus Gelatine unter dem Werk platziert. Damit das kostbare Parkett nicht zu Schaden kommt.
„Petra“ ist zwar schon über ein Jahr alt und war bereits auf mehreren Ausstellungen. Doch erst die Verleihung des dritten Platzes des Ralf-Leinemann-Preises für Nachwuchskünstler, der mit 1.000 Euro dotiert war, ließ die Wellen höher schlagen. Der sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU) entrüstete sich kurz darauf: „Dieses sogenannte Kunstwerk ist eine Schande. Es ist eine Beleidigung der Polizistinnen. Ich bin schockiert, dass es Gremien gibt, die solchen sogenannten Künstlern Preise verleihen.“

Dixi-Klos gegen die Schande

Dabei hat Walldorf nach eigener Aussage nie provozieren wollen. Die Idee zur Plastik kam ihm, als er männliche Polizisten beim Urinieren an der Straße sah. Das Werk solle einfach nur die Verletzlichkeit neben der Berufsroutine zeigen. Staatskritik und Denunziation bestimmter Berufsgruppen streitet der Künstler ab.
Doch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Sachsen, Hagen Husgen, sieht bereits die Grenze der Kunstfreiheit überschritten: „Ich finde es beschämend, dass man so etwas als Kunst verkauft. Damit trifft man alle Polizeibeamtinnen, die sich im Dienst irgendwo hinhocken müssen um ihre Notdurft zu verrichten, weil es keine andere Möglichkeit gibt.“ Gewohnt bräsig fordert die GdP nun von der Politik bessere logistische Unterstützung bei den Einsätzen, um zu verhindern, „dass so etwas passiert“.
Die Hochschule für bildende Künste in Dresden freut sich derweil natürlich über die Medienaufmerksamkeit. Der Rektor gab sich als Protektor der Kunstfreiheit und sprach im Fernsehen bereits von notwendigen Tabuüberschreitungen.

Ein Sturm im Wasserglas

Der vom Boulevard künstlich aufgebauschte Kunstskandal existiert natürlich überhaupt nicht. Im 21. Jahrhundert sind wir hoffentlich alle entspannt genug, ein solches Werk mit Humor zu sehen. Umso amüsanter sind die Kommentare der staatlichen Autoritäten. Schande? Beleidigung? Schock? Naja. Die menschliche Seite hinter Schutzausrüstung aus Stahl und Hartplastik so zu zeigen, ist doch eigentlich ein schönes Kompliment an jeden und jede PolizistIn. Auf jedem Graffito sieht man heutzutage krassere Kritik an repressiver Staatsmacht. Viel verstörender ist die offensichtliche Einstellung des Innenministers. Herr Ulbig wünscht sich wohl lieber nationale HeldInnenverehrung nach altem Muster. Bisschen auf Demonstrierende einprügeln ist dann schon okay. Aber Pipi machen ist böse.

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