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Steag ist die Energiesparte des Evonik-Konzerns. Evonik will das Unternehmen loswerden und die Stadtwerke von sechs Ruhrgebietsstädten wollen als Konsortium zuschlagen. „Das ist unsere Chance, einen Energiekonzern in den Bereich der öffentlichen Kontrolle zu bringen und positiv auf dessen ökologische Umgestaltung einzuwirken“, sagt Uwe Vorberg, Fraktionsvorsitzender der Linken im Rat der Stadt Bochum und Aufsichtsratsmitglied bei den Bochumer Stadtwerken. Mit dem Erwerb der Steag könnte das Konsortium den kommunalen Anteil an der Stromerzeugung deutlich erhöhen – mit möglichen positiven Auswirkungen auf die Verbraucherpreise und die Versorgungssicherheit. Etwa 600 Millionen Euro sollen 51 Prozent der Steag kosten. Die Finanzierung des Projekts scheint wasserfest. WAZ und Ruhrbarone schreiben zwar von potenziellen Millionenverlusten für die Kommunen, aber: „Was die WAZ da vorrechnet, hat nichts mit den Geschäftszahlen der Steag zu tun. Selbst nach konservativsten Berechnungen entsteht aus dem Steag-Deal eine Rendite von circa neun Prozent“, so Vorberg. Andernfalls würde man auch bei der Linken nicht für den Kauf stimmen: „So ideologisch sind wir nicht. Es geht nicht um Verstaatlichung um jeden Preis.“ Auch die Bochumer Grünen halten das Konzept des Stadtwerke-Konsortiums für tragfähig. Problematisch ist für die grüne Fraktion eher das Unternehmen, das man sich an Land zieht.

Dreckschleudern und Atomgeschäft  

Steags Kraftwerkspark ist veraltet – und nicht nur das: Zu einem Prozent besteht das Unternehmen aus einer äußerst profitablen Atomsparte. „Die Stadtwerke haben das beste Konzept zur Ökologisierung des Unternehmens“, ist sich Vorberg sicher. Das glauben auch die Bochumer Grünen, aber: „Mit uns wird es keine kommunale Gewinnbeteiligung am Atomgeschäft geben“, so Wolfgang Cordes, Sprecher der Grünen Ratsfraktion in Bochum. Das Problem: Die Atomsparte hört sich kleiner an, als sie ist. Steag hält Anteile am Atommülllager Ahaus, steckt im Geschäft mit den Castoren und verdient an der Lagerung sowjetischer Atom-U-Boote. „Nur 40-50 Mitarbeiter sorgen in der Atomsparte für die Hälfte des Gewinns der Steag Energy Services“, rechnet Cordes vor. „Schaufensterbeschlüsse über den späteren Ausstieg aus diesem Geschäftszweig reichen uns nicht aus. Wir brauchen jetzt eine Entscheidung gegen die Atomsparte.“

Demokratische Kontrolle

Hier klingt ein Aspekt an, der auch anderen Beobachtern unangenehm aufstößt: „Im operativen Geschäft sind die Einflussmöglichkeiten für die Räte gering. Ein profitabler Unternehmensteil kann dann nicht mehr einfach rausgeworfen werden“, so Cordes. Überhaupt sehen KritikerInnen die Gefahr, dass sich der neue Energieriese der demokratischen Kontrolle entziehen könnte. Die Umsetzung der kommunalpolitischen Vorstellungen ist von schwer absehbaren ökonomischen und bundespolitischen Faktoren abhängig. „Deshalb machen wir im Vorfeld der Bochumer Ratsentscheidung Druck“, sagt Cordes. Schon den Vertragsverhandlungen des Konsortiums fehlte es an Transparenz, kritisiert der Grünen-Sprecher. Bei der Linken ist man indessen zuversichtlich, dass die Grünen mit Blick auf die Chancen der Stadtwerke-Beteiligung einen verwaschenen Beschluss zu Steags Atomgeschäft zulassen werden. „So war es in Duisburg, und das erwarte ich auch hier“, glaubt Uwe Vorberg. Auch wenn der Rat dem Steag-Deal zustimmt, gibt es noch ein Hindernis: „Es ist ganz und gar nicht sicher, ob das Stadtwerke-Konsortium das Rennen macht. Finanziell ist das Angebot sogar eher schwach“, so Vorberg. Landespolitisch scheinen indes alle Hürden beseitigt. Die NRW-Regierung ist dabei, derzeit bestehende gesetzliche Hürden in der Gemeindeordnung zu kippen. Die Stadtwerke würden mit Steag zum Global Player werden. Das soll noch im Dezember gemeinderechtlich abgesichert werden. Politisch greift also bisher ein Rädchen ins andere – die sowjetischen U-Boote gehören vielleicht bald schon den Stadtwerken im Ruhrgebiet.

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