Seit der Fußball-WM herrscht in den Medien wieder weitgehende Funkstille, was die Berichterstattung über die harte soziale Realität in Südafrika betrifft. „Daher scheint es gerade jetzt geboten, dieses Vakuum zu füllen und ein Schlaglicht auf die leidvolle Geschichte jenes Landes zu werfen, das noch im Sommer weltweit im Fokus der Öffentlichkeit stand“, erläutert Regisseur Johannes Thorbecke einen zentralen Aspekt seiner Motivation, dieses Stück eines der renommiertesten Theaterautoren Südafrikas noch im ausklingenden WM-Jahr auf die Bühne zu bringen. Das Südafrika-Projekt von Theater Gegendruck wird gefördert durch die Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultureller Zentren mit Mitteln der Ministerpräsidentin des Landes NRW.
Internationales Ensemble
Für seine Inszenierung hat Thorbecke ein erfahrenes internationales Quartett zusammengestellt: Yusuf Demircan und Dimitrij Schewalje in den beiden Hauptrollen haben sich bereits in verschiedenen freien Theaterproduktionen im Ruhrgebiet einen Namen gemacht. Die Live-Bühnenmusik gestaltet der junge Schlagzeuger Frank Haverkamp, der sich während längerer Studienaufenthalte vor Ort insbesondere auf afrikanische Trommelmusik spezialisiert hat. Als Sprecherin und Tänzerin komplettiert die in Ruanda geborene Christa Kabarira das vierköpfige Ensemble.
Innerer Ausbruch aus der Knastlogik
Schauplatz des Dramas ist die Cape Town vorgelagerte Gefangeneninsel Robben Island, auf der einst auch Nelson Mandela inhaftiert war. Dort proben zwei politische Häftlinge in ihrer Zelle Szenen aus Sophokles‘ Tragödie Antigone, welche die zentrale Frage moralisch gerechtfertigten Aufbegehrens gegen staatliche Ordnung thematisiert. Ob die Aufführung vor den Mitgefangenen zustande kommen und der Überlebenswillen der beiden Inhaftierten am Ende stärker sein wird als der zermürbende Gefängnisalltag, ist wiederum eine der symbolhaften leitmotivischen Fragen von Fugards „Insel“. „Im berührenden Wechsel von tragischen und komischen Sequenzen wird eine zeitlose Parabel über die Rolle der Kunst als ‚Überlebensmittel‘ gegen Unterdrückung und Willkür entwickelt“, bringt Johannes Thorbecke eine der wichtigsten Botschaften des Stückes auf den Punkt. Es geht dabei nicht nur um Afrika: „Wir verstehen die Aufführung auch als Mahnung vor dem Wiederaufleben von rassistischem und menschenverachtendem Gedankengut in unserem Land und den europäischen Nachbarländern. In Südafrika spaltete die Apartheid als Staatsdoktrin die Gesellschaft und kostete unzähligen Menschen das Leben.“
Sisyphos im Arbeitslager
„Die Sandhaufen werden nie kleiner“, beschreibt einer der beiden Protagonisten die zermürbende Monotonie des Alltags auf dem Arbeitslager-Eiland, während im Hintergrund beständig das Surren von Aasfliegen zu hören ist und eine „Schubkarre mit einer neuen Ladung Ewigkeit“ über die Bühne rollt. Angesichts der in drei Monaten bevorstehenden Freilassung des Mithäftlings John schmettert er diesem ins Gesicht: „Deine Freiheit stinkt.“ Doch die Hoffnung stirbt zuletzt: „Ich bin zum Leben verurteilt und nicht zum Scheiß Tod“, setzt Winston, dessen Urteil lebenslänglich lautet, dem scheinbar unabwendbaren Schicksal entgegen. Ein trotziges Bekenntnis zum Kampf für persönliche wie politische Befreiung, welches über das symbolisch zur Toteninsel stilisierte Gefangeneneiland hallt und Grund genug sein sollte, sich das Stück am 7.11. ab 20.00 Uhr im Studio 108 selbst anzuschauen.
Eintritt 10 Euro, ermäßigt 6 Euro
Kartenvorverkauf im Endstation-Kino und telefonisch unter 0234/6871630
www.bahnhof-langendreer.de
www.theater-gegendruck.de
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