Bei der Debatte um das Für und Wider hinsichtlich islamischer Theologie an deutschen Unis geben die Beteiligten vor, dass es ihnen um Integration gehe. Natürlich kann man sich dabei fragen, welches Interesse eine christliche Partei an einer Institutionalisierung des Islams hat. An Universitäten, die sich formal der Forschung, Lehre und Wahrheitssuche verschrieben haben, ist es keinesfalls selbstverständlich, dass es dort Studiengänge wie evangelische und katholische Theologie gibt, die eine religiöse Innenperspektive voraussetzen. Für viele KritikerInnen sind Punkte wie diese noch immer diskussionswürdig. Denn hier scheint weniger Integration, sondern eher das Bedürfnis, die eigene Position abzusichern, der Vater des Gedankens gewesen zu sein. Darüber hinaus ist die Einführung von islamischem Religionsunterricht an deutschen Schulen auch eine aktuell noch heiß diskutierte Streitfrage. Verfassungsrechtlich ist es durchaus problematisch, dass weder in staatlichen Schulen, noch an Hochschulen Neutralität gegenüber Religion einerseits und die Trennung von Staat und Religion andererseits widerspruchsfrei miteinander in Einklang zu bringen sind. Denn inhaltlich darf der deutsche Staat nicht kontrollierend in den Wissenschaftsbetrieb eingreifen, besagt zumindest die deutsche Verfassung.
Imame ab Herbst
Anfang des Jahres forderte der Wissenschaftsrat die Einführung und den Aufbau islamischer Institute an den Hochschulen der Bundesrepublik. Ab kommendem Herbst sollen vorerst etwa drei Zentren für Islamstudien aufgebaut werden. Marianne Demmer, die stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) argumentiert, die Einführung von islamischer Theologie sei notwendig für die „Integration der muslimischen Bevölkerung“. Anstatt zuvor ganz allgemein danach zu fragen, ob konfessionsgebundener Religionsunterricht an Schulen überhaupt zeitgemäß ist, führt sie stattdessen den Mangel an ausgebildeten Fachkräften an. Annette Schavan ist der Ansicht, die Veränderung des Hochschulangebots würde auch dem Aspekt einer zunehmend pluralistischen Gesellschaft Rechnung tragen. Als Mitglied einer explizit christlichen Partei, zu deren Fundament auch die ausdrückliche Gebundenheit an religiöse Werte zählt, ist es nicht überraschend, dass sie sich nicht gegen eine Verschränkung von Staat und Religion ausspricht. Auch aus eigenen Interessen dürfte sie einer solchen Position tendenziell näher stehen. Konsequent zu Ende gedacht würde dies jedoch bedeuten, dass auch allen anderen Religionsgemeinschaften eine entsprechende Unterrichtsmöglichkeit zugesagt werden müsste.
Theologie und Hochschulen
Nimmt man die Rolle der Theologie an Hochschulen und Schulen also zunächst einmal als gegeben hin, fehlt dem Staat trotz allem bei den muslimischen im Unterschied zu christlichen Gläubigen eine gemeinsame Stellvertretung, an die sich staatliche Stellen bei Fragen und Problemen wenden können. Deswegen forderte Schavan zur Übernahme entsprechender Aufgaben einen vermittelnden Beirat, der direkt an den Hochschulen ansässig sein soll. Der Bund kündigte an, sich an den Kosten für den Aufbau der Institute beteiligen zu wollen. Dass an den Hochschulen auch Fächer wie Orientalistik und Religionswissenschaft bereits als eigene Disziplinen vorhanden sind, bleibt in der Diskussion derzeit weitestgehend unbeachtet. Die Argumente, die für Theologie an Hochschulen und Religionsunterricht an Schulen sprechen, sind noch immer zu schwach, damit die Debatte als beendet angesehen werden kann. Sind es lediglich Traditionen, die historisch gewachsen sind, bedeutet es auch, dass ihre künftige Fortführung und ihr Ausbau ausreichend gerechtfertigt werden müssen. Auch die Frage der Gleichberechtigung der Geschlechter könnte problematisch werden, denn noch fehlt es eindeutig an muslimischen Imaminnen und katholischen Priesterinnen.
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