Wecker und Wader singen wieder „für jeden, der sich nicht zügeln lassen will von diesem kalten Wind.“ Die Helden der linken Protestbewegung sind wieder da. Unter dem Titel „Kein Ende in Sicht“ reflektieren sie selbstironisch ihre mittlerweile über 40 jährige Karriere. Am 15. August geben sie gemeinsam ein Konzert auf der Freilichtbühne in Wattenscheid.

Kritik an der Gitarre: Hannes Wader

Wader, langjähriges Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) und vom Verfassungsschutz überwacht, machte sich einen Namen mit Liedern über das gesellschaftliche Klima. Weder Politiker noch andere angebliche Gesellschaftsgrößen kamen bei ihm ungescholten davon. Der 1942 in Bielefeld geborene Sohn armer Eltern begann seine Karriere in der Zeit der Studentenbewegung der 1968. Er nahm an Demonstrationen gegen die Springerpresse ebenso teil wie an Demos gegen den Schah von Persien oder gegen den Krieg in Vietnam. Seine erste Schallplatte erschien 1969. Da sein Plan nach Hamburg zu ziehen nie aufging, vermietete er seine Wohnung unter. Nach eigenen Angaben war ihm nicht bewusst, dass die Wohnung während seiner Abwesenheit das Hauptquartier der so genannten Baader-Meinhof-Gruppe in Hamburg geworden war. Das gegen ihn angestrengte Ermittlungsverfahren wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung war auch der Grund für den Boykott, den Rundfunk und Fernsehen gegen ihn anstrengten. 1973 zog er in eine Windmühle nach Nordfriesland und machte auch aus dieser Distanz zur Gesellschaft weiter Musik. In den über 40 Jahren seiner Schaffenszeit hat er rund 35 Alben veröffentlicht.

Melancholie am Klavier: Konstantin Wecker

Im Gegensatz zum Nordlicht Wader ist Wecker Bayer. Er wurde 1947 in München geboren und träumte schon früh vom Leben als freier Dichter. Er studierte Philosophie und Psychologie an der Universität München. Seine Musik ist vom Blues beeinflusst und er spielt Klavier für ein vorwiegend linkes Publikum. Sein wohl bekanntestes Projekt wird die Filmmusik zu „Schtonk“ sein, dem deutschen Satirefilm auf die Veröffentlichung der gefälschten Hitlertagebücher. Durch sein Leben zieht sich ein Hang zu Drogen ebenso wie melancholisch anklagende Lieder.

Am Ende gemeinsam

Seit 2000 gehen die beiden Ikonen gemeinsam auf Tour und füllen Hallen und Säle. Sie verbindet die „Abscheu gegen soziale Kälte und den unbändigen Wunsch nach Frieden, selbst wenn dieser noch so aussichtslos scheinen mag“, so teilen sie in der Konzertvorankündigung mit. 2003 standen sie gemeinsam mit Reinhard Mey in Berlin auf der Bühne der größten deutschen Demo gegen den Irak-Krieg. Sie haben ihre pazifistischen Ziele, mit denen sie ihre Karrieren begonnen haben, also nicht aus den Augen verloren.

Ikonen mit neuer Perspektive

Doch Weckers und Waders Perspektive auf das Leben hat sich verändert. Sie sind in die Jahre gekommen, eine Tatsache, die sie niemals leugnen, sondern mit Humor nehmen. Freimütig singen und erzählen sie auf ihrem neuen Livealbum: „Erinnerungen sind dafür da, dass man sich im Alter mal dran wärmen kann, aber ich meine bis es soweit ist, bleibt mir noch eine angemessne Frist. Vergangen ist vergangen, vor der Zukunft graut es mir, ich lebe lieber jetzt und hier “ singen sie im zweiten Lied, das sich „Schön ist das Alter“ nennt, und dabei nur von all den Widrigkeiten des Älterwerdens erzählt. „Ja, Greis ist ein schönes altes Wort, …, früher starb der Greis noch in Würde zuhaus, heute stirbt er ganz einfach nur noch aus, der Greis ist out, es wechselt der Trend, mehr hin zum Zombie, der sich Senior nennt,“ kritisieren sie dann, nachdem sie freimütig lachend zugegeben haben, dass sie sich jedes Mal auf die neue Apothekenumschau freuen.

Live CD

Diese CD ist der Livemitschnitt eines Konzertes voller Augenzwinkern und Seitenhiebe, auf der man noch immer hören kann, dass hier zwei Große der bundesrepublikanischen Musikszene zusammen auf einer Bühne gestanden haben. Vielleicht sind sie im Alter etwas milder geworden, vielleicht sind die Zeiten auch einfach rauher geworden und ihre Worte verletzen nicht mehr so, wie sie es vor 30 oder 40 Jahren noch getan haben. Oder aber „Gutti, der das Land voranbringt, nicht nur in Afghanistan“, der „Kriegsminister“, der „uns den totalen Krieg bringt“,„Gratifikationen von der Waffenindustrie“ bekommt und den Banken noch so viel Steuergeld schenken wollte, hat sich entschieden, sich nur privat zu ärgern. Wecker und Wader sind im Alter weiser geworden und haben Zeit gefunden, über sich selbst zu reflektieren: „All die lügenden Rechner, die coolen Gewinner, die Durchblicker kommen und gehen. Und ich werde wohl wieder auf Seiten der Spinner, der Narren und Traumtänzer stehen.“
Hannes Wader und Konstantin Wecker
15. August 2010, 19 Uhr
auf der Freilichtbühne Wattenscheid,
Parkstraße, 44866 Bochum
Karten 36,55 Euro inkl.  VVK-Gebühren
Erhältlich bei allen VVK-Stellen
Tickethotline: (01805) 234 400
Live-CD zur Tour:
Wecker & Wader Kein Ende in Sicht
Label: Sturm & Klang (ALIVE)

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