Bild:

Unmittelbar nachdem die ersten Nachrichten von den Toten die Runde machten, wurden im Online-Netzwerk Facebook unzählige offen antisemitische Kommentare und Vernichtungsphantasien gepostet. Esra I., die neben einem Bild von sich mit ihrem Kind fordert, die „Israelis in der Gaskammern“ zu schicken oder zum Beispiel; oder Muhammed K. der schreibt: „am besten hätte hitler alle Juden vergaßen sollen (schade)“. Diese Liste ließe sich beliebig fortführen. Die Kommentare stammen fast ausschließlich von NutzerInnen mit türkischen und arabischen Namen und die weisen teilweise Bezüge zu den türkisch-faschistischen „Grauen Wölfen“ auf. Gegenstimmen sind äußert selten.

Angriff auf US-Bürger

In Bonn wurde im Zuge einer Kundgebung am Abend nach dem Vorfall der US-Sportjournalist Steven Selthoffer in einer Starbucks-Filiale niedergeschlagen. Mehrere DemonstranInnen drangen in das Café ein und forderten die anwesenden Gäste auf, an ihrer Protestkundgebung teilzunehmen. Selthoffer sagte ihnen, dass ein Café kein politisches Forum sei und er weiter in Ruhe seinen Kaffee trinken wolle. Nachdem sie ihn in amerikanischem Englisch sprechen hörten, beschreibt Selthoffer die Situation, fing die Gruppe an, anti-amerikanische und anti-israelische Parolen zu rufen. Als er sich wieder hinsetzte, wurde er von hinten niedergeschlagen. Tatverdächtig ist derzeit ein anderer deutscher Gast des Cafés. Keiner der anderen Gäste oder das Personal hat einen Krankenwagen gerufen oder die Polizei alarmiert. Wieder zu Bewusstsein gekommen, musste der verletzte Journalist selbst zur Wache gehen.

Rechts und Links vereint

Auf seltsame Weise einigend hat die Feindschaft zu Israel am Freitag in Duisburg gewirkt. Auf einer Demonstration des dortigen „Netzwerk gegen Rechts“ befanden sich unter den 800 DemonstrantInnen neben VertreterInnen der Linkspartei, türkischer linker Gruppen und fundamentalistischen Muslimen auch Jugendliche mit Emblemen der „Grauen Wölfe“. Nachdem diese im Verlauf der Demonstration zunächst mit anderen jungen Leuten aus der Demonstration ausscherten, um ein paar Gegendemonstranten zu verfolgen, entwickelte sich ein Handgemenge: Die rechten türkischen Jugendlichen hatten in der Gruppe linke türkische Jugendliche ausgemacht. Die Polizei musste beide Gruppen trennen.
Eingreifen mussten die Beamten auch, als Ordner den Journalisten Thomas Meiser körperlich angingen und aus der Demonstration drängten. Meiser hatte zuvor kritisch über den Vorsitzenden der Duisburger Linkspartei berichtet.

Mossad soll schuld sein

In Dortmund fanden zwei Kundgebungen statt. Montag, also wenige Stunden nach den Geschehnissen im Mittelmeer, versammelten sich knapp 60 Personen vor dem Hauptbahnhof. Als sich eine Gruppe von vier Personen der Kundgebung mit einer israelischen Flagge näherte, kam es nach Polizeiangaben zu verbalen Drohungen gegen die pro-israelischen AktivistInnen.

Am Mittwoch versammelten sich noch einmal 50 Menschen zum Protest in der Dortmunder Innenstadt. Eine Rednerin forderte, dass man eine „Untersuchung starten muss, ob diese Selbstmordattentate nicht vom Mossad inszeniert wurden“. Sie meinte damit die Bombenanschläge auf Busfahrgäste und DiskobesucherInnen, die Israel noch immer regelmäßig erschüttern. Die Kundgebungsleitung vom Dortmunder Friedensforum störten diese antisemitisch konnotierten Verschwörungstheorien offenbar nicht. Zum Abschluss bedankte sich die Versammlungsleiterin bei den TeilnehmerInnen fürs kommen und gab sich kämpferisch: „Gemeinsam können wir es schaffen! Gemeinsam können wir Israel bezwingen!“ Friedlich klingt das nicht.

Gelenkter Protest

Die zahlenmäßig größte Kundgebung im Ruhrgebiet verlief übrigens weitgehend ruhig: Die großen islamischen Verbände wollten Sonntag unter Federführung der islamistischen „Islamischen Gemeinschaft Milli Görus“ in Duisburg 10.000 AnhängerInnen auf die Straße bringen. Gekommen sind letztlich 5.000 Menschen, die strikt nach Geschlechtern getrennt auf dem Platz aufgestellt wurden. Die Verbände waren sichtlich darum bemüht, eine positive Außenwirkung zu erzielen: Die auf der Demonstration gezeigten Plakate wurden vorher größtenteils zentral ausgegeben und die Parolen am Anfang der Veranstaltung eingeübt.

 

0 comments

You must be logged in to post a comment.