Die Wahrheit: Eigentlich ist die Campus-Linie U35 nicht mehr als die schlechte Simulation einer Dose Ölsardinen, wenn man gegen 16 Uhr in den Feierabend fährt. Nicht wenige Busse im VRR fahren zwar nach einem Plan: es ist aber offensichtlich nicht der in den Wartehäuschen hängende. Der Dreiklang aus Verspätung, Verfrühung und Verausfallung macht es nicht leichter, sich auf das Wagnis ÖPNV einzulassen. Auf einem Bein kann man nicht stehen und mit einem geteilten Auto nicht immer selber fahren. Vor allem, wenn die Car-Sharing-Branche um die eigene Heimatstadt einen großen Bogen zu machen scheint. Deshalb musste es sein: Ein neues gebrauchtes Auto musste her. Doch der vom Läuterungsprozess gezeichnete Mobilitätsjunkie hat es im Jahr eins nach der Abwrackprämie echt nicht leicht, seine Mobilitätsbedürfnisse mit seinem neu geweckten ökologischen Bewusstsein unter einen Hut zu bringen. 120 Gramm CO2 pro km, das strebt die Staatengemeinschaft für den Flottenverbrauch künftig an. Drei-Liter-Auto: eigentlich sollte es sowas geben, doch die Interessen von Autobauern und Energiemultis führen dazu, dass man sich schon gut fühlt, wenn man es schafft, auch im Stadtverkehr lediglich einen einstelligen Wert des flüssigen Goldes zu verfeuern. Hilfreich, es dennoch zu versuchen, ein Auto mit zumindest den annähernden Kriterien zu finden, ist dabei das Internet: Plattformen wie mobile und autoscout24 lassen, was die Vorauswahl betrifft, kaum Wünsche offen. Doch schnell wird klar: Wenn man dazugehören möchte, muss man dazugehören. Autos mit halbwegs guten Verbrauchswerten sind wahlweise teuer oder eigentlich nur mit einem Auto vorher zu besichtigen. Übrigens wird man für den Umstand, dass man zur vorangemeldeten Probefahrt eine halbe Stunde wegen einer Busverspätung zu spät kommt, mit einem mitleidsvollen Lächeln und einer Tasse Kaffee entschädigt. Am Ende steht dann jedoch der Vertragsabschluss. Doch halt: Weit gefehlt. Eine Nacht drüber schlafen wollen? Schlechte Idee, am nächsten Morgen ist der Wagen weg. Das neue Traumauto nochmal bei jemandem vorstellig werden zu lassen, der mehr Auskünfte über die Technik geben kann, außer dass sie in einer schwarzen Karosserie verbaut wurde? Gute Idee, können doch auch noch so schicke und ökologische Autos einen fiesen Motorschaden vor dem Laien erstaunlich gut verbergen. 14 Autos kamen in die nähere Wahl und dann doch irgendwie nicht: Kofferraum zu klein, weil Gastank verbaut, Motor verölt, Motor defekt, Kilometerleistung zu hoch, Verbrauch zu schlecht, ein Selbstzünder: sachliche Gründe ein Auto nicht zu kaufen gibt es viele. Eines zu kaufen ist dann aber am Ende doch pure Emotion oder pures Testosteron: breitere Reifen, ein leicht modifiziertes Höhenprofil und Beschleunigungswerte, die meinen ehemaligen Carsharingflitzer stehen lassen. Ach ja: Und da man sich ja nach einem Jahr ökologischen Gewissens sonst schlecht fühlte, ist das Ganze gepaart mit geringem Verbrauch eines alternativen Kraftstoffes.
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