Eines der wiederkehrenden Themen Menasses ist die Frage nach der autobiografischen Wahrheit. Für ihn können etwa die Lüge oder die Übertreibung manchmal sogar die bessere Wahrheit sein. Das letzte Buch des Wiener Schriftstellers warf die Frage auf: „Wie kann man die Realität begreifen, wenn schon ihre Begriffe nicht mehr begriffen werden?“ Jeder kennt so alltägliche Begriffe wie ´Demokratie`, ´Arbeit`, ´Religion`, ´Kultur` oder ´Europa` und geht ständig mit ihnen um. Aber was bedeuten sie eigentlich? Menasse zeigt in seinem Buch „Permanente Revolution der Begriffe, Vorträge zum Begriff der Abklärung“, dass eben jene Begriffe häufig nur noch bedeutungslose Worthülsen sind – weil gerade solche Begriffe einer ständigen Banalisierung unterworfen sind. Wenn man sich ernsthaft fragt, was diese Begriffe eigentlich bedeuten, dann merken wir, dass unsere Welt plötzlich nicht mehr die Art von Welt ist, die wir zu haben meinen.
Der Wiener Schriftsteller Robert Menasse ist studierter Germanist, Philosoph und Politikwissenschaftler. Er arbeitete unter anderem als Lektor für österreichische Literatur und am Institut für Literaturtheorie an der brasilianischen Universität São Paulo. Dort hielt er Lehrveranstaltungen über philosophische und ästhetische Theorien ab, sprach über Hegel, Lukács, Walter Benjamin und Adorno. Menasse lebt derzeit als Literat und kulturkritischer Essayist in Wien und Amsterdam. Klug verfasste, aber kritisch diskutierte Beiträge machten ihn als Essayisten berühmt. In seinen Texten setzt sich Menasse auf kritisch-ironische Weise mit dem Leben auseinander und bezieht zu aktuellen kulturellen und politischen Vorgängen in seinem Heimatland Österreich Position. Seit 2006 greift der Schriftsteller vor allem EU- und globalisierungskritische Themen auf. Gern kritisiert er „demokratiepolitische Defizite“, die angeblich allein durch ihre eigentümliche Struktur Sachzwänge erzeugen und somit den Blick für mögliche Alternativen verstellen.
Auch in den Feuilletons deutschsprachiger Zeitungen wie Spiegel und FAZ bleibt Menasse schon lange nicht mehr unbeachtet. Er bietet ihnen nämlich nicht nur „zugespitzte Polemik auf höchstem Niveau und profund recherchierte Essays“, sondern auch einfach faszinierende Literatur.
Ich kann jeder sagen: Erzählungen vom Ende der Nachkriegsordnung. Suhrkamp, Frankfurt/M. 2009.
Permanente Revolution der Begriffe, Vorträge zum Begriff der Abklärung, Essays, Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M. 2009.
Lesung mit Robert Menasse
„Ich kann jeder sagen“ – Erzählungen vom Ende der Nachkriegsordnung
30. April 2010, 20.00 bis 21.30 Uhr
Buchhandlung Napp
Bochum, Pieperstraße 12
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