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Manch eine ist hier aufgewachsen und nimmt Bochum als gegeben hin. Ein anderer ist zum Studium hierher gekommen und hat sich nie die Mühe gemacht, einen zweiten Blick auf die Stadt mit dem Bergbaumuseum zu werfen. Warum auch? Man glaubt alles über Bochum zu wissen. Erst war da nix, dann kam die Kohle, dann ging sie wieder und nach dem Krieg war sowieso nicht mehr viel. Ein gängiges Vorurteil, das man vielleicht bei Menschen, die weit von Bochum entfernt leben, noch akzeptieren kann – nicht aber bei Bochumerinnen und Bochumern, weder bei Alteingesessenen, noch bei Neuzugezogenen. Ein Essener Verlag tritt jetzt gegen diese Vorurteile an.

Stadtrundgang durch Bochum

Mit dem Buch „Bochum entdecken, 20 Stadtteilrundgänge durch Geschichte und Gegenwart“ gibt der Klartext-Verlag jedem die Chance, Bochum viel besser kennenzulernen. Die Texte sind von Bochumerinnen und Bochumern geschrieben und geben auf 336 Seiten einen sehr viel tieferen Einblick in die Geschichte der Stadt als ein einfacher dünner Reiseführer. Für jemanden, der nur zwei Tage in unserer Stadt zu Gast ist, ist das Buch schon fast zu umfangreich. Es schlägt beispielsweise einen eigenen Rundgang durch Querenburg vor. Er soll 2,5 Stunden dauern und beinhaltet natürlich auch die Uni, der ein eigenes Kapitel gewidmet wird – ein Rundgang, den ein Studierender natürlich nicht braucht, um seine Stadt zu entdecken. Aber wie wäre es denn mit mehr Informationen darüber, was genau Rudi Dutschke mit der Wattenscheider Stadthalle zu tun hatte? Oder Hintergrundinformationen zur Geschichte jüdischen Lebens in Bochum? Man erfährt mehr über die neue Synagoge am Erich-Mendel-Platz neben dem Planetarium, die sich in ihrer sogenannten Würfelform am Tempel Salomons orientiert. Der Innenraum der 2007 neu errichteten Synagoge folgt einem modernen Stil und orientiert sich an der Synagoge in Dresden: Das Dach symbolisiert ein „Heiliges Zelt“. In Bochum ist das Konzept des Zeltes weiterentwickelt worden zu einer Kuppel und soll für Wanderschaft und Geborgenheit zugleich stehen.

Mittelalter auch im Ruhrgebiet

Wer noch ältere Geschichte mag und trotzdem nicht weit fahren möchte, wird auch im Klartextverlag fündig. Unter dem Titel „Burgen AufRuhr: Unterwegs zu 100 Burgen, Schlössern und Herrensitzen in der Ruhrregion“ erscheint dort ein Reiseführer der besonderen Art: Hier werden die Häuser der „besseren Gesellschaft“ der vergangen Zeiten vorgestellt, die an der Ruhr noch zu besichtigen sind.

Wer also einmal einen Blick in die dunkle Vergangenheit unserer Region werfen möchte, der ist mit diesem Buch gut beraten. Natürlich bietet es keinen kritischen Blick auf die Gesellschaftsformen des Mittelalters oder auf die Herrschaft der Wenigen über die Masse, aber es gibt eine wunderbare Möglichkeit, sich mit der Geschichte zu befassen und sie erlebbar zu machen, so dass auch die ferne Vergangenheit nicht in Vergessenheit gerät.

Sortiert nach Kreisen und kreisfreien Städten bietet das Buch auf fast 500 Seiten Wissenswertes über das Haus Laer in Bochum genauso wie über Burg Vondern in Oberhausen oder das Haus Baldeney in Essen. Auch wenn es heute schwerfällt zu glauben: Im Mittelalter war die Ruhrregion schon verhältnismäßig dicht besiedelt. Über 460 Burgen, Schlösser und Herrensitze gab es damals in unserer Region. Dieser Reiseführer der etwas anderen Art hat in seinem Kartenteil alle verzeichnet, von denen zumindest noch etwas übrig geblieben ist. Darüber hinaus sind sogar solche Anlagen, von denen nichts mehr zu sehen ist, über deren Standort die Wissenschaftler sich aber einig sind, in den Karten verzeichnet. Wer also mehr über die mittelalterliche Vergangenheit unserer Region wissen will und sich ansehen möchte, was davon übrig geblieben ist, ist mit diesem Buch sehr gut beraten. Besonders empfehlenswert sind kurze Ausflüge in Uni-Pausen: Zum Beispiel nach Witten zur Burg Hardenstein. Man erreicht die Burgruine mit der Ruhrtalfähre „Hardenstein“, und vielleicht begegnet man dem Zwergenkönig Goldemar, der früher – offensichtlich nicht sehr erfolgreich – dem Burgherrn Wohlstand brachte und ihn vor herannahenden Feinden warnte.

Mythos Kohle

Wer mehr über die Vergangenheit erfahren möchte, ohne gleich durch Bochum zu wandern oder sich eine Burg anzuschauen, dem kann geholfen werden. Dafür hat Delia Bösch ein Buch geschrieben, das die Geschichte der Kohle bildgewaltig nach oben holt: „Grubengold: Mythos Ruhrgebiet“. Mit eindrucksvollen Bildern und Texten zeigt sie hier den Weg vom kohlestaubverschmierten Revier hin zu Universitäten, Kunst und Industriekultur. Ein Buch, besonders gut geeignet zum Verschenken an all diejenigen, die noch immer glauben, dass wir hier im Revier alle eine Staublunge haben.

Drei Bücher und drei Möglichkeiten also, sich selbst und andere davon zu überzeugen, dass in Bochum und Umgebung zu leben gar nicht so schlimm ist, wie immer alle glauben.

Lese-Empfehlungen:
– Bochum entdecken. 20 Stadtteilrundgänge durch Geschichte und Gegenwart. 336 Seiten, Klartextverlag, 14,95 €.
– Burgen AufRuhr. Unterwegs zu 100 Burgen, Schlössern und Herrensitzen in der Ruhrregion. 488 Seiten, Klartextverlag, 19,95 €.
– Delia Bösch: Grubengold. Mythos Ruhrgebiet. 296 Seiten, Klartextverlag, 13,95 €.

 

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