„Griechenland hat lange für die Freiheit dieser Inseln gekämpft“, lehnt Ministerpräsident Giorgos Papandreou die infame deutsche Einkaufstour ab und verabschiedet doch gleichzeitig ein Privatisierungsprogramm, das seinesgleichen sucht. Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst, im Bildungs- und Sozialbereich – das ist nur die Spitze des Eisbergs. Außerdem steigt die Mehrwertsteuer auf 21 Prozent, die Renten werden eingefroren. Gegen das massive Kürzungsprogramm, das vor allem die einfache Bevölkerung trifft, haben die Gewerkschaften zum Generalstreik aufgerufen. Zehntausende gehen gegen die Pläne auf die Straße, die griechische Polizei setzt Tränengas und Blendgranaten ein.
Was CDU, FDP, WAZ und BILD können, das können wir schon lange, dachten sich wohl die Verantwortlichen des kleinen Bochumer Off-Theaters an der Rottstraße 5. Auch die Theatertruppe um Regisseur und Schauspieler Arne Nobel nutzt die griechische Staatspleite, um sich effektvoll in Szene zu setzen: „Im März und April haben deshalb griechische Staatsbürger bei allen Vorstellungen der ‚Nach Troja‘-Trilogie freien Eintritt! Zudem spenden wir zehn Prozent der Einnahmen direkt an den griechischen Staat.“ Dass tatsächlich viele Griechinnen und Griechen das demütigende Kostenlos-Angebot nutzen, darüber müssen sich die PR-Genies an der Rottstraße sicherlich keine Sorgen machen. Gleichzeitig haben sie alle Lacher auf ihrer Seite.

Davon abgesehen: Spenden an diejenigen, welche die Misere verur-sacht haben, statt Unterstützung für die Betroffenen, die auf den Straßen von Athen bis Thessaloniki gegen die Sparmaßnahmen demonstrieren – das allein ist schon widersinnig genug. Der geneigte Theaterbesucher mag sich fragen, wofür die griechische Regierung die paar Euro fünfzig aus der Rottstraße wohl ausgibt: Ob es für eine weitere Blendgranate reicht oder doch nur für eine Ampulle Tränengas?

Das Schlimmste an der Bochumer PR-Aktion bleibt allerdings, dass aus ihr die gleiche unsympathische Arroganz spricht wie aus dem deutschen Insel-Verkaufsvorschlag. An den Bochumer Stammtischen kursieren schon die Griechenland-Witze: „Dass die nicht rechnen können, weiß doch jeder, der mal bei `nem Griechen essen war, hahaha!“ Die Rottstraße könnte ja mal einen „Griechen-Witze“-Themenabend veranstalten. Oder Spenden für mehr soziale Gerechtigkeit sammeln. Und an die FDP überweisen.

 

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