Ein Aachener Student sowie ein Polizist aus Bayern erhoben Verfassungsbeschwerde, weil die Steuer ihrer Meinung gegen das Gleichheitsgebot und den besonderen Schutz der Familie verstoße. Der ledige Polizist wohnt seit 1998 mit zweitem Wohnsitz in München, wie es die Residenzpflicht für Beamte vorschreibt. Seinen Hauptwohnsitz hat er bei seiner Mutter in einer anderen Stadt. Der zweite Kläger studiert in Aachen, wohnt im Studierendenwohnheim und bewohnt gleichzeitig noch ein Zimmer im Elternhaus.
„Besondere Leistungsfähigkeit“
Die erste Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen: Die Abgabe beziehe sich auf den rein äußerlichen Eindruck einer „besonderen Leistungsfähigkeit“. Das heißt, wer zwei Wohnungen hat, habe auch mehr Geld zum ausgeben und könne deshalb über Steuern an der Finanzierung der kommunalen Infrastruktur beteiligt werden. Im Fall des Studenten handele es sich auch nicht um eine derart einschneidende Belastung, dass so ein gravierender Druck entstünde, den Wohnsitz bei den Eltern aufzugeben.
In früheren Entscheidungen hatte das Bundesverwaltungsgericht nicht so eindeutig geurteilt und die Entscheidung an die zuständigen Verwaltungsgerichte zurückverwiesen. Die hatten mal im Sinne von klagenden Studenten entschieden, mal gegen sie. Zuletzt 2008 entschied das Oberverwaltungsgericht Koblenz, dass der Eindruck einer besonderen Leistungsfähigkeit auf Studierende, die neben ihrer Unterkunft am Studienort noch über ein Zimmer bei den Eltern verfügen, nicht zutreffe. Weil die Bleibe bei den Eltern keine Erstwohnung im steuerrechtlichen Sinne sei, könne der Student am Studienort auch keine zweite Wohnung innehaben. In Zukunft ist zu erwarten, dass sich Gerichte auf die jetzt ausgesprochene Ablehnung des Bundesverfassungsgerichts berufen und nicht mehr gegen die Kommunen entscheiden.
Historische Zuweisungstricks
1972 hat die Stadt Überlingen das erste Mal eine Zweitwohnungssteuer eingeführt. Seitdem haben viele Kommunen diese Idee übernommen. Das Aufkommen durch diese Steuer betrug im Jahr 2003 bundesweit rund 54,7 Millionen Euro. Sie spült allerdings nicht nur direkt Geld in die Kassen der Kommunen. Vor allem erhöht sie den Druck auf Studierende, sich am Studienort mit ihrem Erstwohnsitz anzumelden. Pro Person, die das tut, zahlt das Bundesland zwischen 600 und 700 Euro der Pro-Kopf-Zuweisung an die Kommune. Für eine Person mit Nebenwohnung erhalten Gemeinden dagegen kein Geld von den Ländern. In Bochum liegt die Zweitwohnsitzsteuer derzeit bei 12 Prozent der Jahresnettokaltmiete.
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