Bild:

Seit 2000 können dort nur die beruflich „besonders Qualifizierten“ ohne entsprechende Zugangsberechtigung studieren. Doch jetzt rudert die schwarz-gelbe Landesregierung zurück: Der Entwurf des neuen Hochschulgesetzes sieht vor, dass alle, die bereits eine Berufsausbildung und drei Jahre Berufspraxis vorweisen können, die Chance auf ein fachspezifisches Studium haben – ganz ohne Abitur. An der Ruhr-Universität ist Ähnliches zwar schon seit 2005 möglich – trotzdem sind StudentInnen mit Berufserfahrung auch bei uns deutlich unterrepräsentiert.

Studieren ohne Abi geht für Interessierte oft mit einschneidenden Veränderungen einher. Nicht nur die finanziellen Belastungen verschieben sich, man sitzt plötzlich mit sehr viel jüngeren KommilitonInnen in einem Hörsaal.

Wenn man kurz nach dem Abitur von der Schule an die Uni kommt, fällt die Umstellung vielen doch recht leicht. Nach kurzer Zeit sind einem die geforderten wissenschaftlichen Methoden geläufig und auch privat ergeben sich an der Uni schnell Kontakte. Aber nach mehreren Jahren Berufserfahrung den Schritt an die Uni zu wagen, dafür braucht man eine gehörige Portion Mut, um sich – im Sinne einer beruflichen Zäsur – den Herausforderungen eines späten Studiums ohne Abitur zu stellen.

Zugang nur mit Zusatzprüfung

Wer das 22. Lebensjahr vollendet, bereits eine Berufsausbildung abgeschlossen und sich durch dreijährige Berufspraxis ausreichend qualifiziert hat, kann an der RUB eine so genannte Zugangsprüfung ablegen, um zum jeweiligen Wunschstudium zugelassen zu werden. Einzige Einschränkung: Das potentielle Studium muss inhaltlich an den erlernten Beruf anschließen. Durch die Zugangsprüfung soll sichergestellt werden, dass die notwendigen fachlichen und methodischen Voraussetzungen für ein Hochschulstudium gewährleistet sind.

Die Berufsausbildung muss durch das entsprechende Zeugnis der Abschlussprüfung nachgewiesen werden. Wer sich dann nach erfolgreich abgelegter Zugangsprüfung für das gewünschte Studium bewerben möchte, muss sich schriftlich an die Zulassungsstelle der RUB wenden. Die Zugangsprüfung muss jedoch zumindest mit der Note „gut“ bestanden worden sein, um sich für einen Studienplatz bewerben zu können. Danach nehmen die BewerberInnen wie alle Anderen am normalen Auswahlverfahren teil.

Noch immer zu wenig

In Deutschland sind lediglich fünf Prozent aller eingeschriebenen Studierenden ohne Abitur an der Hochschule. In Schweden dagegen gelangen ganze 36 Prozent auf diesem Weg an die Unis. Das ergab der europäische Studienreport von 2008. Noch schwieriger als in Deutschland ist es für Studieninteressierte ohne Abitur nur in Frankreich und in Italien.

Dass die niedersächsische Landesregierung die Regelung nun ausweiten möchte, ist ein positives Zeichen an alle, für die sich erst im späteren Verlauf ihres Arbeitslebens gezeigt hat, dass ein Studium das Richtige für sie sein kann. Ob die niedersächsischen Reformen allerdings spürbar etwas daran ändern, dass Menschen mit Berufserfahrung an deutschen Unis noch immer unterrepräsentiert sind, muss sich erst noch zeigen.

 

 

0 comments

You must be logged in to post a comment.