Kein Serviceartikel ohne Grafik, dachte man sich beim ADAC – und erstellte eine übersichtliche Preisliste für Beleidigungen. Leider lebt die verantwortliche Redakteurin entweder hinter dem Mond oder in einem Heinz Ehrhardt-Film. Oder gibt es heute noch jemanden unter 80, der einen spontanen Wutausbruch mit „Du Wichtelmann!“ zum Ausdruck bringt? Wer beschimpft Politessen im Jahr 2009 mit den Worten: „Verfluchtes Wegelagerergesindel“ oder nennt einen Hilfspolizist „Raubritter“? Diese hochgradig unwahrscheinlichen Beleidigungen sind übrigens zwischen 900 (Gesindel) und 1500 Euro (Raubritter) zu haben. Wer sparen will, sagt zum Beispiel „Witzbold“. Mit der Benutzung derartiger Schimpfwörter verletzt man allerdings allerhöchstens die eigene Ehre und muss dann auch noch 450 Euro berappen. Was ist mit all den echten Beleidigungen, die man täglich so hört? Das allseits beliebte „Hurensohn“ – gar nicht erst in der Liste. Jedwede Spekulationen über die Profession der Beamtenmütter mit all ihrem Potenzial (deine Mutter zieht LKWs auf DSF, oder sowas) – einfach ausgelassen. Was, wenn man in seiner Wut am liebsten Vermutungen über die chronische Vertrocknung der Politesse im Schambereich anstellen möchte? Der ADAC informiert einen hier jedenfalls nicht. Was bringt eine Beleidigungsliste, in der sowohl „Spasti“ als auch „Opfer“ und „Missgeburt“ fehlen? Millionen von jungen Autofahrern (seltener: Autofahrerinnen) mit einem Faible für Ghetto- Rap könnten hier der falschen Annahme erliegen, dass diese für sie völlig alltäglichen Beleidigungen straffrei wären. Stattdessen: „Du armes Schwein, du hast doch eine Mattscheibe“. Hallo? Das ist schon im Kindergarten ein peinlicher Spruch. Den will man doch nicht mal umsonst benutzen – geschweige denn für satte 350 Euro. Weil das verfluchte Wegelagerergesindel (ups!) mit der eigenen Ehrverletzung möglichst viel Geld verdienen will, haben sie sich mit einer fiesen Falle auch gegen indirekte Beleidigungen abgesichert: „Am liebsten würde ich jetzt Arschloch zu dir sagen“ gehört mit 1600 Euro zu den teuersten Schmähungen. Ist aber egal, denn sowas sagt doch wohl keiner im Ernst, oder? Besonders unverschämt: Einen Polizisten oder eine Politesse duzen kostet ganze 600 Euro. Andersrum ist das aber natürlich kein Problem. Man muss ja nur mal fünf Minuten lang „Toto und Harry“ gucken, und schon haben die beiden Wichtelmänner (huch!) mindestens zehn Leute geduzt, die ihnen aus verschiedenen Gründen (Obdachlosigkeit, generelle Armut, Jugendlichkeit, irgendwie gearteter Tatverdacht) einer respektvollen Anrede unwürdig erscheinen. Ist aber ok, so herum kann das sogar im Fernsehen gesendet werden. Hätte ich jetzt 600 Euro übrig, würde ich die Witzbolde (ups!) vom Revier Bochum- Mitte gerne mal fragen, ob ihnen „die Sonne das Gehirn verbrannt hat“. Ach nein. Würde ich doch nicht.

 

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