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Seit Jahren werden die finanziellen Mittel, die von den einzelnen Bundesländern für deutsche Hochschulen zur Verfügung gestellt werden, immer knapper. Unterfinanzierung und marode Hochschulhaushalte lassen scheinbar keine andere Wahl, als die Finanzlöcher durch die Einführung von Studiengebühren zu stopfen. Diese Entscheidung ist in NRW laut Gesetz Hochschulsache. Von 29 Gebühren erhebenden Hochschulen haben 26 beschlossen, 500 Euro pro Semester zu verlangen. Obwohl es möglich ist, weniger Gebühren zu veranschlagen, bürdet die Ruhr-Uni ihren Studierenden 480 Euro pro Halbjahr auf.
Eigentlich sollen die Gebühren die Studienbedingungen und die Qualität Lehre an den Hochschulen verbessern. Dass das all zu häufig nicht klappt, ist die eine Sache. Dass die Gebühren zusätzlich zur sozialen Unverträglichkeit allerdings auch noch massiv unwirtschaftlich sind, wurde von Hochschulen und PolitikerInnen bislang erfolgreich unter den Teppich gekehrt.

Wohin fließt das Geld?

StudentInnen der RUB zahlen derzeit 480 Euro Studiengebühren pro Semester. Von den 480 Euro gehen zunächst einmal 14 Prozent an den Ausfallfonds der NRW-Bank. Dieses Geld fließt nicht an die Uni, sondern soll das finanzielle Risiko abdecken, das dadurch entsteht, dass eventuell nicht alle ihr Darlehen zurückzahlen können.
Dabei bleibt es aber nicht: Die RUB muss zusätzlich noch Geld für die Verwaltung der Gebühren ausgeben. Aus ihrem jährlichen Bericht über die Verwendung der Studiengebühren ist nicht ersichtlich, welcher Anteil der Gebühren für die Verwaltung verwendet wurde. Der Bericht ist – vielleicht bewusst – nach anderen Kriterien aufgeschlüsselt. Wahrscheinlich möchte man an der RUB nur ungern den Studierenden präsentieren, wofür ihr Geld letztendlich ausgegeben wird.
Aus einem Bericht des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft und Forschung über die Verwendung von Studiengebühren geht hervor, dass deutsche Universitäten durchschnittlich 1,5 Prozent für die Verwaltung der Gebühren verwenden. Manche Unis finanzieren ihre Verwaltung jedoch auch ohne Rückgriff auf Studiengebühren.
Die StudentInnen decken also mit durchschnittlich 1,5 Prozent ihrer Gebühren auch die Kosten für Verwaltungspersonal, Software- und Serverkosten, Ausgaben für die Versendung der Bescheide, die Überprüfung der Befreiungen und Widerspruchsverfahren und dergleichen ab.

Ein satter Aufschlag

Doch hiermit ist der Gipfel der Unsinnigkeit noch nicht erreicht, denn StudentInnen, die keinen Anspruch auf BAföG haben, sich die Studiengebühren jedoch nicht leisten können und deswegen das Darlehen der NRW-Bank in Anspruch nehmen, zahlen schließlich noch Zinsen für die geliehenen Gelder, wenn es nach dem Studium an die Tilgung geht.
Wer seinen Kredit anschließend in Mindestraten von 50 Euro abbezahlt, darf natürlich auch die durch den Darlehenszins entstehenden Mehrkosten nicht vergessen. Der aktuelle Zinssatz der NRW-Bank liegt bei 4,23 Prozent, kann jedoch auf bis zu 5,9 Prozent ansteigen.
Studiert man unter diesen Voraussetzungen zehn Semester an der RUB, kostet jedes Semester des Studiums – bei einem Gesamtdarlehen von etwa 7518 Euro und einer monatlichen Mindesttilgungsrate von 50 Euro – nicht 480 Euro, sondern unfassbare 750 Euro.  
Von effektiv gezahlten 750 Euro pro Semester stehen der RUB allerdings nur 406,61 Euro zur Verfügung, was einem systembedingten Verlust von 45,68 Prozent entspricht.

Kostenpflichtiger Umweg

Das bedeutet: Wenn die Uni mir als StudentIn eine studiengebührenfinanzierte 50-Euro-Kopierkarte kauft, habe ich für die Karte letztendlich 92,24 Euro bezahlt, also einen studiengebührenbedingten Aufpreis mehr als 42 Euro pro Karte.
Für Studierende, die finanziell besser gestellt sind und sich die Gebühren im Semester ohne Inanspruchnahme eines Darlehens leisten können, ist es etwas günstiger. Aber auch die zahlen für die 50-Euro-Kopierkarte effektiv 58,89 Euro.
Diese Rechnung gilt für alle studiengebührenfinanzierten Ausgaben, die einzelnen Studierenden direkt zugutekommen. Anders gesagt: Auch jeder Reader und jedes Notebook wird um bis zu 84,48 Prozent teurer, wenn Studiengebühren und NRW-Bank-Kredit zur Finanzierung genutzt werden.
Schnell wird klar: Studiengebühren sind nicht nur eine soziale Ungerechtigkeit, sondern widersprechen auch jeglichem ökonomischen Verständnis. Trotz und gerade durch Gebühren-Darlehen werden Ärmere, die voraussichtlich länger für eine Rückzahlung benötigen, finanziell noch stärker belastet. Würden die Studiengebühren allerdings um 58 Euro gesenkt, damit sich die Studierenden ihre 50-Euro-Kopierkarte selbst kaufen können, würden die Betroffenen durch diese einfache Maßnahme bis zu 42 Euro sparen.

 

 

 

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