Dabei hat die Stadt für die Umgestaltung des Platzes vor der Christuskirche in der Nähe des Rathauses bereits rund 550.000 Euro bezahlt. So viel kostete die Installation einer ersten Namensplatte, die seit Mai im Turm der Christuskirche zu sehen ist. „Die Idee von Jochen Gerz ist es, einem Platz, der ohnehin ausgebaut werden muss, mehr zu geben als ein paar Parkbänke, nämlich Bedeutung“, beschreibt Thomas Wessel das Projekt des geschäftstüchtigen Künstlers. Wessel ist Pfarrer in der Christuskirche, deren Kuratorium das Projekt PeV.2010 initiierte. Auf weiteren Platten werden die Namen von Menschen eingraviert, die sich ein geheimes, freies Versprechen für Europa gegeben haben. „So entsteht ein unsichtbares Manifest aus vielen Stimmen und Kulturen – das neue Europa“, heißt es auf der Internetseite von PeV.2010. „Wohlfeiler und damit auch wenig prickelnd kann eine Kunstaktion wohl kaum ins Werk gesetzt werden“, kommentierte Werner Streletz in der WAZ miesepeterig.
12.000 teure Versprechen
Dem Rat der Stadt gefiel das Konzept dagegen: Er nahm Jochen Gerz unter Vertrag und verband so die notwendige Erneuerung des Platzes mit einem wohlklingenden Kunstprojekt. So richtig zugehört hat man im Rat aber offenbar nicht. Jochen Gerz hatte angekündigt, dass die Kosten des Projektes mit jedem Namen steigen würden – und der Künstler sammelt fleißig immer weiter. Etwa 12.000 Menschen haben inzwischen ihr Versprechen gegeben. Die Kosten für das Kunstwerk drohen, in die Millionen zu gehen.
Die Entscheidung, aus Kostengründen die MitarbeiterInnen des Projektbüros zum Jahresende auf die Straße zu setzen, wurde zwecks Beratung noch einmal vertagt. Für das Gesamtvorhaben wäre sie fatal. „PeV.2010 ist ein Kommunikationsprojekt, das Büro organisiert diese Kommunikation“, so Pfarrer Wessel. Klar ist: Ohne eine funktionierende Öffentlichkeitsarbeit kann das Konzept des 2007 gestarteten Projektes kaum aufgehen.
Wo sind die Sponsoren?
Alle Beteiligten befinden sich nun in einem Dilemma. Wird der „Platz des europäischen Versprechens“ nicht oder nur rudimentär umgesetzt, hat Bochum nach dem Aus für das Konzerthaus und dem damit verbundenen Ende des Großvorhabens „Viktoria-Quartier“ kein bauliches Prestigeprojekt mehr, mit dem die Stadt im Kulturhauptstadtjahr glänzen könnte. Als Bochumer Ruhr.2010-Aushängeschild müsse dann eben der neue Lidl-Markt neben dem Riff herhalten, feixen KritikerInnen schon jetzt – der Discounter ist das einzige Bauprojekt, das im groß angekündigten Viktoria-Quartier rechtzeitig realisiert wird.
Nicht erst seit der Haushaltssperre ist klar, dass das Kunstwerk an der Christuskirche ohne zusätzliche Sponsorengelder nicht auskommen würde. Aber: „Dass und wie der Ausbau des Platzes zuletzt diskutiert wurde, ist für die Akquise von Drittmitteln reichlich fatal“, urteilt Pfarrer Wessels. Trotzdem glaubt er daran, dass der Platz des europäischen Versprechens Wirklichkeit wird. „Wir werden uns mit Jochen Gerz und der Stadt zusammensetzen und eine Lösung finden“, gibt sich Wessel zuversichtlich. „Warum soll ich mir vorstellen können, dass die Stadt die Kulturhauptstadt damit beginnen könnte, das einzige Projekt zu verstummen, das für sie statt für sich spricht?“ Naja, vorstellen kann man sich das schon, irgendwie.
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