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Die Frage nach Sinn des Zentralabiturs und seinen allgemeinen Zwangsverordnungen ist hinreichend negativ beantwortet worden. Mutig ist es jedoch, einen Film zu verpflichten, der die alternative US-Kultur zelebriert und in der Intention dem Wahrheitswahn eines Bob Dylan entgegenkommt und die düsteren Seiten der Wirklichkeit nicht verschweigt. Kevin Smith behauptet, dass mit American Beauty der amerikanische Independentfilm im Mainstreamkino der 90er Jahre angekommen sei.      

Worum geht die Aufregung?

Der 42-jährige Protagonist Lester Burnham wohnt mit seiner höchst karriereorientierten Ehefrau und der pubertierenden Tochter in einer amerikanischen Kleinstadt. Nach außen  erscheint die Familie wie eine durchschnittlich und funktionstüchtig. Doch hinter den Kulissen sieht es anders aus: Neben den innerfamiliären Konflikten leidet Lester unter seinem Job in einer Medienfirma und ist rundum unglücklich mit seiner Lebenssituation. Diese Rahmenbedingungen werden gefüllt mit vielen Elementen, die die skeptischen Stimmen dazu veranlassten, den Film zumindest für eine Oberstufe und unter dem thematischen Rahmen des amerikanischen Traums als ungeeignet zu befinden. Lesters Frau sucht ihr Glück in einer Affäre mit ihrem ärgsten Konkurrenten. Lester hingegen – und das erscheint den Kritikern als schärfstes Argument – verliebt sich in die frühreife Freundin seiner Tochter. Prädikat: Verführung Minderjähriger. Das große Ganze wird darüber hinaus durch verzweifelte Mordgedanken abgerundet: Lesters Frau will wie immer nichts anbrennen lassen und probt die Ermordung ihres Gatten durch Schießübungen, und auch die Tochter träumt mit ihrem Freund über die Eliminierung des Vaters. Auf die Spitze treibt es der militaristische Nachbar der Burnhams, dessen reaktionäre Haltung gemischt mit einigen unterdrückten Trieben eine ausreichende Basis für häusliche Gewalt bietet.

Woran die Kritik scheitert

Man darf den Kontext nicht vergessen: Es dreht sich um den Amerikanischen Traum – also um  die klassische, abgegriffene Metapher vom sozialen Aufstieg einer Person, die sich vom Tellerwäscher zum Millionär mausert. Man kann den Amerikanischen Traum und den darin enthaltenen Unabhängigkeitsgedanken aber auch weiter verstehen, schließlich hat der Tellerwäscher das Land der unbegrenzten Möglichkeiten nicht für sich gepachtet. So darf auch ein Lester Burnham wenigstens versuchen, sein Leben umzukrempeln. Die Szenen im Film greifen dabei provokante und extreme, dabei aber immer noch reale Themen der Gesellschaft auf: von Lebensunlust getriebene Masturbation, familiäre Entfremdung, Mordlust, Sexualität, Treulosigkeit und Drogenkonsum.
Wenn es aber um Bildung, das heißt auch um reflektiertes Denken geht, können Tabuthemen nicht einfach unter den Tisch fallen gelassen werden. Auch wenn es prüden Zeitgenossen im Magen schmerzt, gilt auch hier das Filmzitat: „Ich bin sicher, Sie haben keine Ahnung, wovon ich rede. Aber keine Angst, eines Tages verstehen Sie´s!“

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