„Der Sog ist spürbar. Überall. Bewegt sich etwas, dann nach unten. Ökonomien kippen. Wirtschafts- und wissenschaftsethische Überlegungen tun Not. Was bringt Kultur?“, fragt Dorothee Baer-Bogenschütz, die der Fachjury der internationalen Ausstellung mit ihren 44 katalogisierten Beiträgen aus sechs Ländern angehört. „Sie kann – zumindest in Ausschnitten – die gewaltige Erschütterung spiegeln, die die Weltwirtschaft und das kapitalistische System erfasst hat“, lautet eine der Antworten, welche die Wiesbadener Kunstkritikerin in ihrem Vorwort zum Ausstellungskatalog der 4. Höhler Biennale auf diese zentrale Frage gibt. Für ein hierzu besonders geeignetes künstlerisches Medium hält die Kritikerin die den (unterirdischen) Kunstraum durchdringende Installation, die „mit ihren zahllosen Tentakeln Sachverhalte nuanciert ertasten“ kann. Soweit die Theorie.

Unterirdische Klangrauminstallation

In der künstlerischen Praxis von Karin Krick und Alexander Freund kommt dann noch das gesprochene (lyrische) Wort hinzu: Die illuminierte Stahlplatteninstallation im ehemaligen Lagergewölbe wirkt nicht nur optisch als monumentaler „Pulsar“, sondern auch klanglich als rekursive Projektionsfläche des gleichnamigen, auf das Projekt zugeschnittenen lyrischen Texts von Karin Krick, dessen dreiminütiger, von der Autorin selbst vertonter Vortrag im Dauerloop geschaltet ist. Hierdurch wird der unterirdische Metallplattenraum in Schwingungen versetzt, wodurch die Kunstrezeption noch durch eine dritte, sinnliche Komponente bereichert wird: „Wir wollen mit der Wahrnehmung arbeiten und diese erweitern, indem wir unsere Kunst nicht nur visuell und auditiv realisieren, sondern auch taktil. Somit wird der Körper auf subtile Weise in die Kunstwahrnehmung eingebunden“, sagt Karin Krick. Und für die Kunstschaffenden selbst beginnt der Kunstakt schon vor der Vernissage: „Eigentlich ist bereits der jeweils von den Gegebenheiten des Ausstellungsraums abhängige, schweißtreibende Aufbau der Installation Teil des eigentlichen Kunstakts“, so die Künstlerin weiter.

Karin Kricks vor allem lyrisches Schaffen, das bereits 1985 erste Spuren auf dem Papier hinterließ, bereicherte ab 2002 an der RUB auch die von ihr mitgegründete Gruppe „Treibgut – junge Literatur in Bochum“, und seit 2005 ist die Lyrikerin zusammen mit ihrem Künstlerkollegen Alexander Freund aktiv bei einem hierarchiefreien KünstlerInnenkollektiv namens Nonexistinggroup.

The Nonexistinggroup exists

Der Name dieses losen internationalen Zusammenschlusses von Kunstschaffenden, der sein Zentrum im für freie KünstlerInnen vergleichsweise offenen niederländischen Maastricht hat, klingt für Karin Krick nur scheinbar paradox; denn „der Künstler in seiner heutigen Daseinsform ist selbst ein Paradoxon, da er aus Nichts etwas schafft und davon auch noch leben soll.“ Und das können in Deutschland derzeit nur rund vier Prozent der Künstlerinnen und Künstler – ein Missstand, der trotz apokalyptischer Krisenszenarien dringender Änderung bedarf.

www.hoehlerbiennale.de

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