35 Bundeswehr-Soldaten kamen bisher in Afghanistan ums Leben. Kein Wunder, dass auch Verteidigungsminister Franz Josef Jung das nicht als echten Krieg durchgehen lässt. Wenn Deutsche Krieg machen, dann türmen sich schließlich gewöhnlich ganz andere Leichenberge auf. Ein bisschen vom guten alten Militärpathos muss reichen, wenn unsere Freiheit am Hindukush verteidigt wird: Vor acht Monaten griff der oberste Dienstherr bei einer Trauerfeier nach einem Selbstmord-Attentat auf Bundeswehr-Soldaten zum ersten Mal wieder in die militärische Worthülsenkiste. Die „Gefallenen“ hätten zu denen gehört, die das Ansehen Deutschlands gemehrt hätten, erklärte Jung. Bis zu diesem Zeitpunkt war offiziell nur von Getöteten die Rede gewesen. Im Angesicht der neuerlichen Toten empören sich nun die Medien: Wie kann Jung nur von „Gefallenen“ sprechen, aber leugnen, dass sich die Bundeswehr im Krieg befindet?
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Man kann das auch anders sehen. Schließlich liegt in der Formulierung, dass Soldaten im Krieg gemeinhin nicht etwa ausbluten oder zerfetzt werden, sondern eben einfach nur „fallen“, eine ungeheure Verharmlosung. Man möchte den armen kleinen Rackern in Afghanistan zurufen: Oh, ihr seid gefallen? Hoffentlich habt ihr euch nicht das Knie aufgeschlagen! Vor dem inneren Auge sehe ich niedliche Taliban, die kleine Stolperfallen bauen, anstatt terroristische Selbstmordattentate zu verüben. Ein paar Meter weiter liegt ein plärrender Hauptgefreiter, der väterlich vom Generalmajor getröstet wird: Ist doch alles nicht so schlimm, jetzt gehen wir zurück in die Kaserne und dann bekommst du einen Lutscher.
Die Deutschen und ihre Kriege, das ist schon eine ganz besondere Beziehung. Manchmal kann man ihr nur noch mit Zynismus begegnen. Maggie Thatcher machte es vor: Als Helmut Kohl 1990 nach dem Halbfinalspiel der Fußball-WM triumphierte, Deutschland habe die Briten in ihrem Nationalsport geschlagen, entgegnete die Eiserne Lady: „Richten sie ihm aus, dass wir die Deutschen in diesem Jahrhundert schon zweimal in ihrem Nationalsport besiegt haben.“ Inzwischen hat sich der Krieg made in Germany freilich längst globalisiert. Nach den USA und Russland ist Deutschland der drittgrößte Rüstungsexporteur des Planeten. Dass weltweit deutsch geschossen wird, danach kräht hierzulande allerdings kaum ein Hahn. Ist ja auch halb so wild, wenn sich Menschen in irgendeinem Entwicklungsland gegenseitig mit deutschen G36-Gewehren niedermetzeln oder die georgische Armee Streubomben von deutschen Mercedes-Benz-LKW abfeuert. Hauptsache, es trifft nicht „unsere Jungs“.
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