„Etwa zwei Jahre nach unserer ersten Begegnung machte mir Sabine am Telefon Aussicht auf einen Fick, allerdings nicht mit ihr selber, sondern mit ihrer jüngeren Schwester.“ Mit diesem nunmehr legendären Satz beginnt Welts erster Roman, der 1986 im Konkret Literatur Verlag erschien. An nur zwanzig Nachmittagen hatte Welt die Anfänge seiner großen Erzählung runtergetippt.

Brutto bei ELPI

Wir sehen den jungen Studierenden, den Schallplattenverkäufer bei ELPI und den umtriebigen Musikjournalisten, der sich bei Sounds, Musikexpress und Marabo für kleines Geld die Nerven aufreibt. Es ist der ewige Sohn, der, während er Motörhead auf ihrer ersten England-Tournee begleitet, immer wieder seine Mutter daheim auf der Wilhelmshöhe in Bochum am Telefon anpumpen muss, weil ihm das Geld für Unterkunft und Verköstigung fehlt.

Allmählich avancierte Welt zu einem berüchtigten Journalisten, besonders seine Heinz-Rudolf-Kunze-Schelte galt als legendär. Doch die fortschreitende Prekarisierung, verbunden mit der permanenten Hektik der Termingeschäfte, sollte das junge Talent schließlich in die Psychiatrie bringen. Welt war dem Wahn verfallen, die letzte Dallas-Folge würde mit ihm als J.R. in der Hauptrolle gedreht werden. Darum musste er schnell nach London, zum British Forces Broadcasting Service – in einem Klavier. Es blieb ein Tunnel am Ende des Lichts. Diese Erlebnisse verarbeitete Welt – der mittlerweile als Pförtner im Bochumer Schauspielhaus arbeitete – sowohl in seinem zweiten Roman „Der Tick“, der 2001 bei Heyne erschien, als auch in „Der Tunnel am Ende des Lichts“, dem dritten Teil seiner Roman-Trilogie „Buddy Holly auf der Wilhelmshöhe“, die 2006 im Suhrkamp-Verlag veröffentlicht wurde.

Suhrkamp hilft

Von hier aus ging es bergauf mit Welts literarischer Karriere. Oft als Neurastheniker verlacht, löste nunmehr die Nennung seines Namens eine gewisse bildungsbürgerliche Hochachtung aus. Auch diese Erfahrung wurde dem Autor nicht erspart. In der „Spex“ wurde seine Roman-Trilogie zum Buch des Monats gekürt. Die Dringlichkeit seines Duktus wurde mit Jörg Fauser, der gleichförmige Rhythmus der Ereignisse mit Joachim Lottmann verglichen. Bleibt zu fragen, warum das Feuilleton so lange geschwiegen hat. Wo waren die Förderer, als man in den 90er Jahren die ewigen Banausen (Stuckrad-Barre, Kracht etc.) auf den Gipfel der deutschen Popliteratur gehoben hat, derweil Welt durch seine Lebenskrisen schlingerte? Welt jedenfalls ist sich treu geblieben. Es war von Anfang an große Popliteratur, deren Stil einen unwiderstehlichen Sog impliziert, und deren Sujet sich in einem ganz einzigartigen Raum entfaltet. Umso erfreulicher ist es, dass unlängst Welts vierter Roman „Doris hilft“ bei Suhrkamp erschienen ist. „Doris hilft“ stand an einer Wand der Ruhr-Universität, an der Welt in seinem Wahn vorbeilief. Am 2. April um 19.30 Uhr wird der Autor im Theater unter Tage aus seinem neuen Werk vortragen. Wir dürfen gespannt sein.

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