Oliver Uschmann in Hagenkords LuxuswanneDie Figuren in Oliver Uschmanns Texten haben oft nicht nur die Wanne, sondern auch die Schnauze gestrichen voll – von fatalen Systemzwängen des globalen Kapitalismus im Großen wie im Kleinen. So auch auf dem Campus der Ruhr-Uni Bochum, wo Protest-Protagonist Hartmut, die Komplementärfigur zum Ich-Erzähler in seinen Romanen, zum Auftakt von Uschmanns dystopischer RUB-Satire rhetorisch fragt: „Exzellenz-Uni. Was soll das denn heißen? Ist die Uni exzellent oder ihre Studenten? Macht sie einen erst exzellent oder muss man schon exzellent sein, um überhaupt diese Brücke betreten zu dürfen?“ Auch die luxusrenovierte Mensa kriegt ihr Fett weg – nicht zuletzt in der krassen Relation zu jenem tennishallenähnlichen Wellblechgebäude zwischen M- und G-Gebäuden, das nun die vor dem Umbau im Mensafoyer untergebrachten Geschäfte als Dauerprovisorium beherbergt.

Zurück zur RUB von 1998

Hartmut verbreitet daher ein Pamphlet, in dem er dazu auffordert, „den Campus wieder in den Zustand von 1998 zu versetzen“: „Die alte Universität hatte in ihrer ruinösen Entrücktheit äußerste ästhetische und konzeptionelle Konsequenz.“ Seine Ideen sind revolutionär und harren größtmöglicher Verbreitung – wenn da nur nicht das „ExzGez“ wäre: Das „Exzellenzgesetz“ sieht eine genaueste Gesinnungsprüfung von Job-BewerberInnen vor und scheint Hartmut in seinen geisteswissenschaftlichen Karriereambitionen zunächst um Lichtjahre zurückzuwerfen – als ihn sein Signum als Rädelsführer der Aktion „ZüRUB in die Zukunft“ entlarvt, wird ihm eine Anstellung als Lehrkraft verweigert. Doch ist dieses Ende nicht weniger als ein neuer Anfang: So organisiert er sogleich ein konspiratives Planungstreffen des Projekts „Halt an!“ in jener Bochum-Wiemelhäuser Männer-WG, wo sich auch das Geschehen der beiden ersten Teile von Uschmanns Romanreihe abspielt.

Mit dem Bachelor zum Karoshi?

Ein wichtiges Anliegen ist Hartmut als „Anti-Bachelor-Coach“ die Entschleunigung des Uni-Alltags. So laufen seine ProjektteilnehmerInnen verzückt durch den Botanischen Garten und können „das erste Mal seit Monaten wieder riechen, hören und fühlen.“ Einem STERN-Journalisten erklärt Hartmut: „Das kennen die Studierenden gar nicht mehr – der Bachelor hat den meisten von ihnen buchstäblich ‚die Sinne geraubt‘. Im Rekordtempo trat alles hinter die Jagd nach Credit Points und Seminarscheinen zurück. Das Privatleben, die Hobbys, Beziehungen, sämtliche nicht zweckgerichteten Interessen und der eigentliche Grund, warum sie mit dem Studium begonnen haben.“ Als dieser darauf trocken „eine Symptomatik wie bei Karoshi“, dem japanischen „Tod durch Arbeit“ konstatiert, erblickt Hartmut in der „Transformation“ von „Lebensmut zu Arbeitswut“ den wahren Grund der Bachelor-Einführung: „Man will die Leute sehr früh arbeitssüchtig machen. Sie psychisch brechen. Sie in den Zustand versetzen, in dem man seinen Job macht, ohne noch länger zu fragen, ob man das will.“

Hartmut setzt zudem einen symbolischen Gegenakzent zum Konstrukt globalen Konkurrenzdrucks, der sich bereits im hektischen Studienalltag manifestiert: „Zwei Minuten gebe ich den Teilnehmern mindestens, um eine Blüte anzuschauen. Fünf Minuten für einen Baum. Fünfzehn Minuten für die Koi-Karpfen im Chinesischen Garten. So führen wir die Menschen langsam wieder an ein gesundes Lebenstempo heran.“ Und hierzu hat nicht zuletzt der Autor selbst mit seiner über zweistündigen (ent-)spannenden Wannenlesung beigetragen – in seinem Bademantel wirkte er dabei manchmal wie ein weiser Buddha…

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Wer wissen will, wie sich Oliver Uschmann im bislang letzten Teil der Reihe „ZüRUB in die Zukunft“ die RUB 2015 vorstellt, als das gesamte Uni-Areal zu einem autarken, von 5.000 AktivistInnen besetzten Campus-Utopia avanciert, findet die Antwort in der Rubrik „Exklusiv-Stories“ im Netz unter: www.hartmut-und-ich.de

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