„Heute Abend gibt`s Latino-Metal!“, lautete die gutgelaunte Prognose aus dem Umfeld der BühnenakteurInnen, die sich dann auch als durchaus zutreffend erwies. Boris Babic, der für Komposition und musikalische Leitung verantwortlich war, hat in vergleichsweise kurzer Zeit eine gut harmonierende Band auf die Beine gestellt, die nicht zuletzt auch stark von den individuellen Fähigkeiten ihrer weiteren Mitglieder profitierte. Exemplarisch hervorzuheben sind hier vor allem Babic selbst, an der elektrischen Gitarre mitunter virtuos, und Sebastian Faber, der am Bass durch Fingerfertigkeit und Yeti-Look zu überzeugen wusste. Für schöne Momente sorgte auch das Zusammenspiel von Klavier und Cello. Pianist Christopher Heymann beschreibt die Zusammenarbeit mit dem Komponisten: „Wir haben die Kompositionen von Boris mit der gebotenen Freiheit umgesetzt. Es gab dabei durchaus Raum für unsere eigenen musikalischen Vorstellungen.“ Das Ergebnis war eine abwechslungsreiche Begleitmusik, die ruhige Elemente mit stark lateinamerikanisch geprägten Rhythmen und Melodien verband und sich von Zeit zu Zeit in gitarrenlastige Rockmusikparts steigerte.
Verrätseltes Geflecht von Körpern und Musik
Die Vorzüge der Live-Band, in der außerdem Michael Holtschulte, Tobias Petrasch, Claudia Pop und Oliver Thomas mitwirkten, gerieten allerdings gelegentlich zum Nachteil für die Tanzperformance. Die Interrelation zwischen den bewegten Körpern auf der Bühne und der Band war vor allem in musikalisch interessanten Momenten eher asymmetrisch: Die Tänzer-Innen hatten es schwer, mit ihrer Performance gegen die Dynamik der Bühnenband nicht an Wirkung zu verlieren. Der engagierte Versuch, eine Bewegungssprache zu finden, die der Musik gerecht wird, führte somit nicht immer zum Ziel. Rätselhaft, aber dennoch reizvoll blieb dabei die Suche nach einer Geschichte in der Performance. Durch die Besetzung der Tanzgruppe mit einem männlichen und drei weiblichen AkteurInnen (Paula Gendrisch, Judith Pawlitta, Johanna Petrasch, Manuel Zauner) eröffnete das Zusammenspiel von Bewegung und Musik ein Assoziationsfeld für viele angedeutete Beziehungsgeflechte, die sich aber meist schon wenige Takte später als irreführend erwiesen. Auch die patchworkartig zusammengefügten Tanzstilelemente (Ballett, Standard, Modern, Ausdruckstanz) fügten sich somit nicht zielgerichtet zu einem sinnstiftenden Ganzen zusammen.
Fragmentarisches Gesamtkunstwerk ohne Plot
Der „bewusste Verzicht auf Narration“, wie es in den programmatischen Erläuterungen der VeranstalterInnen heißt, und „das vollständige Fehlen eines Protagonisten jedweder Art“ ließen die ZuschauerInnen bis zum schnellen Ende der knapp halbstündigen Performance im atemlos-luftleeren Raum nach einer Richtung des kurzweiligen kollektiven Kunstakts rätseln. Da es immer wieder nur kurzzeitig gelang, die musikgeleitete Körperästhetik der Protagonist-Innen tatsächlich zu einem Gesamtkunstwerk zu verschmelzen, erwies sich der ohnehin fragwürdige, an keine klar definierte inhaltliche Aussage gekoppelte Versuch, trotz der fragmentarischen Stilmontage den „Gesamtkörper“ zum „Protagonisten des Abends“ werden zu lassen, als schwer umsetzbar.
Trotziges „Dennoch“
Herausragend war vielmehr ein trotziges „Dennoch“ individueller zwischenmenschlicher Interaktion, die das Kollektivgeplänkel punktuell konterkarierte. In jedem Fall erscheint Christiane Holtschultes Erstversuch einer Kombination von Tanz- und Konzertevent durchaus gelungen und ausbaufähig. Nur könnte bei weiteren Aufführungen der vollständige Plotverzicht und der ästhetizistische Gesamtkörperkult der noch nicht ganz abendfüllenden Performance jedoch kritisch überdacht und die Wechselwirkung zwischen Musik und Tanz optimiert werden. Der Besuch einer Wiederaufnahme von „Damned if I do“ wäre jedenfalls eine unbedingte Empfehlung wert!
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