Und schon rücken die eigentlichen Themen des Buches in weite Ferne, denn nun macht sich die jetzt schreibende Leserin Gedanken über die vorherige Leserin, die, sagen wir, Antje heißt (oder Franz!). Obwohl die „eigentlichen Themen“ zu diesem Zeitpunkt schon in Zweifel gezogen sind, denn Antje/Franz hält offenbar etwas ganz anderes für das Eigentliche. Offenbar hat sie (und, verdammt nochmal, er!) es auf Gemütszustände abgesehen. „Meine Schwermut ist die treueste Geliebte, die ich je gekannt; was Wunder da, daß ich sie wiederliebe“, unterstreicht Antje/Franz, und fühlt sich wenig später an Saul Bellows Roman „Dangling Man“ erinnert, jedenfalls schreibt sie den Titel des Romans rein, in dem es, wie ich mittlerweile weiß, um einen jungen, arbeitslosen Intellektuellen und dessen Beziehungen und Frustration geht. Wie Antje/Franz da jetzt drauf kommt, erschließt sich mir überhaupt nicht, außerdem hat es mir ein ganz anderer Satz angetan. Und so geht es immer weiter: „dann gute Nacht, und unter die Decke!“, schreibt Kierkegaard. Eine feine Idee, denke ich mir, schließlich ist es schon spät. „Flucht!“, schreibt Antje/Franz aber darunter, und das will ich mir nun wirklich nicht vorwerfen lassen, nicht von Antje/Franz!, denke ich und bleibe lieber noch sitzen. Antje/Franz findet Dinge „ABSURD“, die mir völlig einleuchtend erscheinen, und wittert Verzweiflung und Selbstmord an jeder Ecke, was dazu führt, dass ich mir langsam Sorgen mache. Ich sehe sie oder ihn auf einem abgewetzten roten Sofa von Ikea sitzen, in Pannesamthose (ja, auch Franz), direkt dahinter ein großes Bücherregal, obwohl ja nichts unnötiger ist als Raumteiler, die Fensterbank zugestellt mit Gummibäumen, und natürlich ist es dunkel und eine Kerze brennt. Vielleicht studiert Antje/Franz aber auch Psychologie, und es geht überhaupt nicht um sie oder ihn selbst, sondern die düsteren Bleistiftschreibereien resultieren aus dem Thema, über dass Antje/Franz eine Hausarbeit schreibt. An entspanntes Lesen ist jedoch nicht mehr zu denken, und schließlich flüchte ich doch.
Wacker geht der Lesespaß aber bald weiter, und zwar mit Thomas Bernhard. Da geht es gerade um die Hauptperson, der seine Frau umbringt, flüchtet, bald darauf von der Polizei gefasst wird und den Abtransport verzögert, indem er den Polizisten Schnaps zu trinken gibt. Auf eben jener Seite findet mein Vorleser, nennen wir ihn Markus (oder Stephanie) folgendes unterstreichenswert: „im Laska“, „Lebensversicherungen“, „Jauchegrube“ und, und das haut mich jetzt wirklich um, (Hilfsgendarm) „Moritz“. Na gut.
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